Die AUA will die Flüge zwischen Wien und Graz, Klagenfurt und Linz streichen, sollten deren Verluste nicht durch Förderungen der Bundesländer ausgeglichen werden. Dass diese Strecken defizitär sind, steht außer Zweifel: 2009 waren es jeweils nur rund 100.000 Passagiere, die diese Flüge nutzten. Dabei dürfte der Auslastungsgrad 65 Prozent kaum überstiegen haben. Die Auslastung, bei der Flüge profitabel sind, liegt im internationalen Vergleich aber jenseits der 75 Prozent (abhängig von der Preis- und Kostenstruktur der Airline).
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Von den Passagieren aus den Bundesländern steigen 80 bis 90 Prozent in Wien um und benützen meist Anschlussflüge der AUA nach Ost- und Westeuropa - womit sich für die AUA zwar ein zusätzlicher Kostendeckungsbeitrag ergibt. Doch der ist anscheinend auch nicht ausreichend, weil die Zahl der Passagiere 2009 auch auf den Inlandsflügen um zirka 10 Prozent abgenommen haben dürfte.
Das Anliegen nach Stützung der Inlandsflüge ist daher aus kaufmännischer Sicht der AUA verständlich und wohl auch vom neuen Eigentümer Lufthansa veranlasst. Die Landeshauptleute haben eine Verlustabgeltung an die AUA allerdings spontan abgelehnt.
Einige rechtliche Überlegungen seien angefügt: Ein Ausgleich operativer Verluste mit öffentlichen Mitteln wäre eine vom EU-Recht verbotene staatliche Förderung. Erlaubt wäre eine solche nur unter den Bedingungen der EU-Verordnung Nummer 1008/2008: Zunächst müsste der Bund für jede Flugverbindung eine öffentliche Dienstleistungsverpflichtung (Public Service Obligation, PSO) anordnen. Und diese hätte als Voraussetzung, dass die Verbindung für die weitere Entwicklung der bedienten Region notwendig ist und durch andere (Boden-)Verkehrsmittel nicht befriedigt werden kann.
Falls nach Anordnung der PSO keine Airline diese Flüge durchführen will, sind sie öffentlich auszuschreiben. Erst dann kann eine Fluglinie im gelegten Anbot die Flüge von der Abgeltung der Verluste aus öffentlichen Budgets abhängig machen. Jede EU-Fluggesellschaft kann ein solches Anbot legen und den Zuschlag bekommen. Das Verfahren ist von der EU-Kommission zu überprüfen.
"Weltluftverkehr"
Zwar gibt es in der EU einige Anwendungsfälle, doch wäre in unserem Fall die Besonderheit zu beachten, die sich aus dem sehr hohen Anteil der Umsteigepassagiere ergibt. Man würde wegen der kurzen Entfernungen, der Autobahnen und der jedenfalls zwischen Wien und dem Westen gut ausgebauten ÖBB-Linie die PSO nur aus dem Umsteigeverkehr rechtfertigen können: den Anschluss dieser Bundesländer an den "Weltluftverkehr".
Dieser würde aber im Fall der Verbindungen über Wien wegen des sehr hohen Marktanteils des Lufthansa-Konzerns in Schwechat vereinfacht bedeuten, dass die Umsteigepassagiere mit ihrem Ticket aus dem Inlandsflug weiterfliegen können sollten. Voraussetzung dafür wäre rechtlich (wie finanziell), dass die Airline, die fortan diese Bundesländerflüge durchführte, ein "Interlining-Agreement" mit den Lufthansa-Gesellschaften im Rahmen der Star Alliance abgeschlossen hat. Es ist aber schwer vorstellbar, dass diese mit einem nicht ihrem Konzern zugehörigen Flugunternehmen ein solches Abkommen abschließen würde.
Eher möglich scheinen solche Verträge für ein neu gegründetes Bundesländer-Flugunternehmen. Doch bis dato haben sich solche lokalen österreichischen Kleinst-Linienflugunternehmen als wirtschaftlich kaum tragfähig erwiesen: Die rasch erteilte österreichische Konzession war bald Vorspiel für die Einstellung der Flüge (Beispiel: Styrian Spirit).
Busse als Alternative?
Wenig realistisch ist auch die von der AUA genannte Möglichkeit, statt der Flüge Bus-Ersatzdienste anzubieten (solche hat einmal die Lufthansa von Salzburg und Innsbruck zum Münchner Flughafen eingerichtet, bald aber mangels Annahme durch die Passagiere wieder eingestellt). Und die auch ventilierte Übernahme der Kosten von Bahnfahrkarten funktioniert nur dort, wo Flughäfen an Fernbahnlinien liegen, was in Schwechat freilich weder heute der Fall noch geplant ist (daher viel zu lange Anreisezeiten).
Droht damit Oberösterreich, der Steiermark und Kärnten, vom großräumigen internationalen Flugverkehr abgeschnitten zu werden, und ein Wertverlust ihrer Flughäfen? Nein.
Alternativen zum Umsteigen in Wien gibt es bereits, und sie werden schon heute von den Passagieren häufiger frequentiert als die Verbindungen über Wien: Nach dem geltenden Lufthansa-Flugplan ist Graz 35 Mal wöchentlich mit Frankfurt verbunden, mit München 28 Mal, Klagenfurt 19 Mal mit München, Linz 35 Mal mit Frankfurt und 14 Mal mit München.
Sowohl Frankfurt als auch München bieten mehr Anschlussflüge als der Wiener Flughafen - vielleicht nur mit dem Nachteil längerer Flugzeiten nach Südosteuropa. Deshalb wäre das einzig Negative bei der Einstellung der Wien-Flüge der psychologische Effekt einer definitiven Umorientierung des Flugverkehrs aus den drei Bundesländern über Deutschland.