IV-Präsident will Senkung der Lohnnebenkosten und Arbeitsbewilligung für Asylwerber.
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Wien. "Die Hoffnung, dass man nach einer Wahl etwas tut, habe ich verloren." Der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Kapsch, ist schon länger unzufrieden mit der heimischen Politik. Das liegt vor allem daran, dass die Unternehmerseite bei der Steuerreform großteils leer ausgeht, denn die fünf Milliarden Euro schwere Einkommensentlastung kommt vor allem Arbeitnehmern zugute. Die seitens der Wirtschaft geforderte Senkung der Lohnnebenkosten ist ausgeblieben.
"Die Betriebe haben kein Vertrauen in die Politik", sagte er am Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten, was auch das Investitionsklima hemmen würde. Im Gegensatz zu Deutschland, so Kapsch, würden hierzulande nur Ersatz- oder Reparaturinvestitionen getätigt. Außerdem sei die Abgabenquote mit mehr als 43 Prozent weit über dem OECD-Durchschnitt. Auch die Steuerreform werde diese nicht nennenswert nach unten verändern.
Zwei Milliarden weniger
Angesichts dessen forderte Kapsch abermals eine Entlastung für Unternehmer und niedrigere Lohnnebenkosten in der Höhe von zwei Milliarden Euro. Eine erste Senkung von 500 Millionen sei schon kommendes Jahr möglich. Danach sollen gestaffelt weitere 1,5 Milliarden und 500 Millionen eingespart werden. Ein Teil der Entlastung könne durch eine Senkung der Beiträge für den Familienlasten-Ausgleichsfonds und den Insolvenzfonds finanziert werden.
Der Großteil des Pakets solle durch die viel zitierte und vielerorts geforderte Verwaltungsreform gestemmt werden. Hier sieht der IV-Präsident Einsparungspotenzial von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Etwa bei der Unfallversicherung, bei den Pensionen und bei den Ländern. Man könne die Bezirke "ohne weiteres auf ein Drittel reduzieren". Man könne auch beim Föderalismus und den Landeshauptleuten deutlich abspecken. "Innsbruck ist doppelt so groß wie St. Pölten und hat einen halb so großen Verwaltungsapparat. Das kann es doch nicht sein", so Kapsch.
Angesichts des sehr engen Budgets und der Tatsache, dass die Landeshauptmänner nicht ihrer eigenen Entmachtung zustimmen, befürchtet Simon Loretz vom Institut für Höhere Studien, dass die Forderungen "ohne konkretere Maßnahmen Wunschdenken bleiben". Gleichzeitig sei es sehr wohl wichtig, die Betriebe zu entlasten. "Es fehlt ein politisches Zeichen, dass man die Wirtschaft fördert", sagte Loretz. Das würde auch die Investitionsbereitschaft der Unternehmen fördern und damit auch den einen oder anderen zusätzlichen Arbeitsplatz schaffen. Aber: "Wir müssen schauen, wie wir diese Steuerreform finanzieren. Da wird auch einiges von den Ländern kommen."
Lehrplätze für Asylwerber
Zum Thema Flüchtlinge forderte Kapsch eine Öffnung des Arbeitsmarktes für Asylsuchende ab dem ersten beziehungsweise dritten Monat - und zwar ohne Arbeitsmarktprüfung. Die IV hat ein Projekt für die Schaffung von mehr Lehrstellen für junge Flüchtlinge begonnen. Angesichts der Rekordarbeitslosigkeit und 17.000 schon anerkannten Flüchtlingen, die beim AMS als jobsuchend gemeldet sind, stößt Kapsch mit dieser Forderung noch auf taube Ohren. "Es ist derzeit nicht daran gedacht, am Arbeitsmarktzugang für Asylwerber etwas zu ändern, bis eine gerechte Aufteilung der Flüchtlinge unter den EU-Mitgliedsländern sichergestellt ist", heißt es auf Anfrage aus dem zuständigen Sozialministerium dazu.
Auf taube Ohren stoßen wiederum die Arbeitnehmervertreter bei Kapsch mit ihrer Forderung nach einer sechsten Urlaubswoche und einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Für viele Betriebe sei das nicht finanzierbar. "Das wissen auch die Arbeitnehmer." Deshalb gebe es mit den Gewerkschaften auch einen Konsens darüber, die Lohnnebenkosten zu senken, weil man damit auch ihre Verhandlungsposition bei den Lohnabschlüssen stärkt.