"Habe Pirker nur Freundschaftsdienst erwiesen." | Büro-Mitarbeiter von WKO und IV als Lobbyisten? | Wien. "Ich habe nichts zu verheimlichen, ich habe ein reines Gewissen." Und: "Ich lasse mich nicht kriminalisieren." Es waren mitunter deutliche Worte der Selbstverteidigung, die der frisch gewählte Delegationsleiter der ÖVP im EU-Parlament, Othmar Karas, am Freitag vor Journalisten wählte, um jeden Verdacht, er habe wie sein Vorgänger Ernst Strasser in Brüssel lobbyiert, zu entkräften. Tatsächlich sind die Vorwürfe nicht neu. Karas trug sie dennoch vor - um "endlich die Wahrheit ans Licht zu bringen", wie er meinte. Denn: "Die Wahrheit ist unschlagbar."
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Nach wie vor in der Öffentlichkeit diskutiert wird etwa die Frage, warum Karas Parteikollege, der Lobbyist und nunmehrige EU-Abgeordnete Hubert Pirker, die Privatadresse des Politikers in Brüssel für dessen Wirtschaftsberatungsfirma nutzen durfte. "Das war ein Freundschaftsdienst und dazu stehe ich", sagte Karas und fügte eilig hinzu: "Pirker hatte kein Büro in meiner Wohnung, es gab keine Gespräche über Kunden sowie auch keine Interventionen für Kunden." Die Frage, ob er Pirker diesen Freundschaftsdienst nochmals erweisen würde, beantwortet Karas reuig: "Das war eine emotionale Entscheidung. Nachher kann man immer gescheiter sein."
Gegen Berufsverbot
Auf alle Fälle gescheit sei es gewesen, je einen Mitarbeiter der Wirtschaftskammer sowie der Industriellenvereinigung in sein Team nach Brüssel zu holen, sagte Karas und kam damit auf eine zweite "Unterstellung", wonach die Mitarbeiter Lobbyisten seien, zu sprechen.
"Die Mitarbeiter sind in Ausbildung und im Rahmen eines eigenen Trainee-Programms von mir angestellt worden", stellte der Abgeordnete klar. "Beide erhalten je 1100 Euro aus der Sekretariatszulage, sind registriert und üben auch kein Lobbying aus." Vielmehr sei er, Karas, froh darüber, jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich bei den Institutionen der EU weiterzubilden. "Ich allein bin für ihre Tätigkeiten verantwortlich, niemand kann sie von außen beeinflussen."
Die Ansicht, wonach man als Abgeordneter keiner beruflichen Tätigkeit nachgehen dürfen soll, teilt Karas nicht und sprach sich gegen ein Berufsverbot für Politiker aus. "Wer nur Berufspolitiker ist, ist unfreier als jemand, der in der Privatwirtschaft arbeitet", erklärte er. Er selbst beziehe neben seinem Abgeordneten-Gehalt lediglich Honorare für Lehrtätigkeiten an Universitäten sowie Einnahmen aus zwei Mietwohnungen, fügte der ÖVP-Mandatar hinzu.
ÖVP hinter Vorwürfen?
Dass die Vorwürfe teilweise auch von ÖVP-Mitgliedern lanciert worden sein könnten, hält Karas für möglich. "Das kann schon sein. Manchen bin ich sicherlich ein Dorn im Auge. Aber trotzdem muss ich mich mit diesen Gerüchten auseinandersetzen", so der Politiker.
Eine Häufung an Korruptionsfällen bei der ÖVP will Karas wiederum nicht erkennen. "Es sind auch andere Parteien betroffen, da sollte man die Sache nicht parteipolitisieren", sagte er. Für ihr Fehlverhalten seien die betroffenen Mandatare selbst verantwortlich.