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Am Karfreitag gedenkt die ganze Christenheit des Kreuzestodes Jesu vor 2000 Jahren, der damit freiwillig die Erbsünde und Schuld der Menschheit auf sich nahm. Zum frohen Festtag wird Ostern für alle dieses Glaubens aber erst durch die Erwartung der Auferstehung Christi von den Toten.
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Besser als dieser düstere Teil der christlichen Oster-Liturgie könnte kein Kommentator die dramatische Lage zeichnen, in der sich die Kirche - katholische wie reformierte - durch die mittlerweile zahllosen Missbrauchsfälle in ihren Reihen wiederfindet. Allein die Frage ihrer Wiederauferstehung ist längst nicht entschieden.
Dabei sollte sich die Kirche auch keinen Illusionen hingeben: Allen recht machen wird sie es nie. Insbesondere jenen nicht, die in ihr ohnehin nur die Fortsetzung der Inquisition mit gelinderen Mitteln sehen und deshalb mit allen rhetorischen und schreiberischen Mitteln bekämpfen.
Ob eine Revolution von unten, durch das vielbeschworene Kirchenvolk, die erhoffte Erlösung bringt? Angesichts der Geschichte und Traditionen der katholischen Kirche sind Zweifel angebracht. Die strukturellen Probleme der basisdemokratischen reformierten Kirchen sind zudem um nichts kleiner, ohne demgegenüber über den organisatorischen Vorteil des Katholizismus zu verfügen: die Faszination einer Weltkirche mit klar erkennbarem Oberhaupt, dem Papst. In unserem massenmedialen Zeitalter ist nämlich fast nur relevant, was sich auch personalisieren lässt.
Vielleicht ist Karfreitag der richtige Tag, die Krise der Kirche als Chance zu begreifen. Sexueller Missbrauch ist ein gesellschaftliches Problem, das längst nicht nur - und keineswegs vor allem - die Kirche angeht. Hier müssen Vergangenheit und Gegenwart aufgearbeitet und Vorkehrungen für einen ehrlicheren Umgang geschaffen werden.
Das allein ist aber noch längst keine Lösung für die übrigen strukturellen Probleme der Kirche. Es sei denn, die Amtskirche zieht den Weg in die innere Emigration von der realen Lebenswelt der Menschen vor. Das wird nämlich ihre vorgezeichnete Zukunft in Europa sein, wenn die Gemeinden ohne Seelsorger dastehen.