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Karikaturenproblem auch in Berlin

Von WZ-Korrespondent Markus Kauffmann

Politik

Drohungen gegen "Tagesspiegel". | Iranische Botschaft verlangt formelle Entschuldigung. | Berlin. Rasend originell ist es ja nicht, was der "Tagesspiegel"-Karikaturist Klaus Stuttmann am vergangenen Freitag abgesondert hat, aber es hat ihm drei Morddrohungen eingebracht, ihn zum Verlassen seiner Wohnung gezwungen und den Verfassungsschutz auf den Plan gerufen.


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Eigentlich wollte Stuttmann sich in dem linksliberalen Berliner Blatt über den Vorschlag von Unionspolitikern lustig machen, die Bundeswehr für die Sicherheit der Fußball-Weltmeisterschaft heranzuziehen, wofür es allerdings einer Grundgesetzänderung bedarf. Deshalb stellte er zwei Bilder unter die Textzeile: "Warum bei der WM unbedingt die Bundeswehr zum Einsatz kommen muß". Das linke Bild zeigt vier schlecht rasierte, schnauzbärtige Iraner im Fußballdress, jeder von ihnen hat einen Sprengstoffgürtel um den Bauch geschnallt. Auf dem rechten Bild sieht man als Gegenstück vier Bundeswehr-Soldaten in voller Montur, einer von ihnen hat einen Fußball unter den Arm geklemmt.

Was ins schwarze Tor gehen sollte, wurde nun zum Eigentor für den "Tagesspiegel". Er sieht sich einer massiven Protestwelle mit wüsten Beschimpfungen und unverhohlenen Drohungen ausgesetzt und wird von der iranischen Botschaft zur formellen Entschuldigung aufgefordert.

Die Karikatur bewege sich "innerhalb der Grenzen dessen, was in diesem Land von der Pressse- und Meinungsfreiheit gedeckt ist", sieht sich nun die Redaktion zu erklären genötigt, die eine solche Entschuldigung ablehnt.

Vermutet wird eine gesteuerte Aktion, weil man auf einer Internetseite für iranische Fußballfans Hinweise auf diese Karikatur entdeckte und viele Protestierer die Originalzeichnung offenbar nie gesehen haben. Tenor der Proteste: Nun wolle der Westen auch noch die iranischen Fußballer madig machen und sie womöglich von der WM ausschließen. Auf deutscher Seite ist man einigermaßen entsetzt, daß ein vergleichsweise harmloser Vorfall nun von Trittbrettfahrern des Karikaturenstreits ausgenützt wird.

In der jüngsten Ausgabe des "Tagesspiegel" vom Mittwoch ist erneut eine Stuttmann-Karikatur abgedruckt. Ein erzürnter Gockel ruft seinen zankenden Hühner-Harem auf, ihm in den Stall zu folgen, denn "es gibt zur Zeit wichtigeres, als sich über Karikaturen zu streiten". Die nächsten Wochen werden zeigen, wie viel Selbstzensur westlicher Medien der Karikaturenstreit heraufbeschwört, also welche Wirkung dieser fundamentalistische Angriff auf die Meinungsfreiheit tatsächlich gehabt hat.