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Karl Lagerfeld und sein Glashaus

Von Christina Böck

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"Zwischen mir und dem Rest der Welt steht eine Glaswand", hat Karl Lagerfeld einmal gesagt. Vielleicht liegt es an dieser bewussten Abgrenzung von der Realität, dass der deutsche Modeschöpfer zuletzt so brachial ins Fettnäpfchen gestampft ist. In einem Interview hat der Designer mit dem Zopf gegen die MeToo-Bewegung ausgeholt. Gerade in der Modebranche zeigt der Chanel-Zampano kein Verständnis für die Forderungen von Frauen nach einer nicht-herabwürdigenden Behandlung. "Ich habe von einem Mädchen gelesen, das sich beschwerte, dass ihr ein renommierter Stylist die Hose ausgezogen habe. Wenn man nicht möchte, dass an einem herumgezupft wird, soll man doch kein Model werden!? So jemand soll ins Kloster gehen."

Nun kann man sich damit trösten, dass Lagerfeld auch einmal gesagt hat: "Mir geht manches durch den Mund, bevor es mir durch den Kopf geht." Oder man kann sich bewusst machen, dass er nie mit frauenabwertenden Bemerkungen gegeizt hat. Über Pippa Middleton sagte er etwa einst: "Ich mag ihr Gesicht nicht. Sie sollte nur ihre Rückseite zeigen."

Und doch spricht Lagerfeld nur aus, wofür die Modebranche steht. Sie "gebraucht" Frauen als Objekte, um ihre Produkte wiederum an Frauen zu verkaufen, denen sie diktiert, wie sie auszusehen haben. Es könnte auch ein willkommener Nebeneffekt von MeToo sein, wenn man beginnt, sich nicht mehr von älteren Herren erklären zu lassen, mit welchem Outfit man die Kontrolle über sein Leben verloren hat.