Wien. Als einen Beitrag zum Gedenkjahr 2005 will der Politikwissenschaftler Emmerich Tálos (Uni Wien) das am Mittwoch präsentierte Buch zur Sozialpartnerschaft verstanden wissen. Schließlich habe es sich bei der Sozialpartnerschaft um einen der wichtigsten Gestaltungsfaktoren der Zweiten Republik gehandelt.
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Die Einbindung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände in die politische Willensbildung ist zusammengefallen mit der Ausweitung des Sozialstaates und dem Wirtschaftswachstum und hat zugleich das neue Selbstverständnis der Politik dokumentiert: An Stelle der Konflikte in der Ersten Republik trat die korporatistische Verhandlungsdemokratie. Die Rolle der Sozialpartnerschaft seit 1995 und in der Zukunft werden in dem Buch beleuchtet - zusammen mit dem Korporatismus in anderen EU-Staaten und auf EU-Ebene selbst.
Dass die Sozialpartnerschaft in der Form, wie sie bis in die 1980er Jahre gelebt wurde, passé ist, darüber sind sich die Herausgeber, Tálos und der Politologe Ferdinand Karlhofer (Uni Innsbruck), einig.
Gründe für die Erosion der Sozialpartnerschaft sind u. a. die Kräfteverschiebung zwischen Arbeit und Kapital zu Lasten der Arbeitnehmerverbände, Mehrheitsentscheidungen der Regierung anstelle von Verhandlungen, der eingeschränkte Handlungsspielraum auf nationaler Ebene. "Eine Rückkehr zu einer Sozialpartnerschaft der 70er Jahre halte ich für ausgeschlossen", resümiert Tálos, dennoch schließt er nicht aus, dass etwa in einer großen Koalition wieder mehr Zusammenarbeit möglich sein könnte.
Karlhofer Ferdinand, Tálos Emmerich (Hg.): Sozialpartnerschaft. Österreichische und Europäische Perspektiven. LIT-Verlag, Wien 2005. 217 Seiten, 19,90 Euro.