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Karlsruhe-Urteil könnte das effizienteste EZB-Tool kippen

Von Hermann Sileitsch

Politik

Draghi: Angekündigter Anleihenkauf die beste Entscheidung - gemischte Prognose.


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Frankfurt. Er habe sich nie gescheut, Rede und Antwort zur Geldpolitik zu stehen, sagte Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag - das gelte auch für das deutsche Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Dort findet am 11. und 12. Juni eine mündliche Verhandlung über den Euro-Rettungsfonds ESM und die Krisenpolitik der EZB statt.

Die Einladung sei jedoch nicht spezifisch an seine Person ergangen. Deshalb werde die EZB jene Person schicken, die den Rechtsbereich und das deutsche Rechtssystem am besten kenne: Jörg Asmussen, EZB-Direktoriums-Mitglied und früherer deutscher Finanzstaatssekretär. Vor allem Medien im Nachbarland sind bereits in gespannter Erwartung eines deutschen "Showdowns": Denn auch der Chef der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, wird zur Anhörung vor die Richter treten. Er ist der schärfste Kritiker der lockeren Geldpolitik und der ausufernden Zentralbank-Aktivitäten zur Kriseneindämmung. Die Bundesbank wirft der EZB vor, speziell mit dem Anleihenkaufprogramm OMT ("Outright Monetary Transactions") für finanzschwache Euroländer ihr Mandat überdehnt zu haben.

Was würde aber passieren, wenn Karlsruhe das im Herbst des Vorjahres vorgestellte Anleihenkaufprogramm, das noch nicht einmal zum Einsatz kam, kippen würde? Das halten Beobachter für unwahrscheinlich. Allerdings könnte es schon zu Turbulenzen an den Finanzmärkten kommen, wenn die Höchstrichter neue politische Hürden für künftige Krisenmaßnahmen errichten. Draghi selbst schraubte den Einsatz, der auf dem Spiel steht, am Donnerstag hoch: Die Ankündigung des OMT-Programms sei die wirkungsvollste Einzelmaßnahme zur Eindämmung der Eurokrise gewesen, sagte er.

Minus 2013 fällt größer aus

Der Wachstumsausblick der EZB für die Eurozone fällt unterdessen gemischt aus: Für das laufende Jahr musste die Konjunktur-Prognose nach unten revidiert werden - die EZB-Ökonomen rechnen mit einem Minus von 0,6 Prozent. Dafür sind sie für 2014 mit Plus 1,1 Prozent optimistischer als im März. Den Leitzins beließen die Notenbanker unverändert auf dem Rekordtief von 0,5 Prozent. Die EZB sei jederzeit bereit zu handeln, sollte dies nötig werden - sei es bei den Zinsen oder mit unkonventionellen Maßnahmen, so Draghi.