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Karner sieht Verbesserungsbedarf

Von Nicole Oirer

Politik

Der Innenminister hat verschiedene Vorstellungen, um das Asylwesen zu entlasten und die hohen Asylzahlen zu senken.


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Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sieht das österreichische Asylwesen an der "Grenze seiner Belastbarkeit". Den Grund dafür ortet er bei Flüchtlingen, die nur geringe Aufenthaltschancen haben. Im aktuellen Fall: Inder und Inderinnen. Im Monat Juli stellten sie die meisten Asylanträge, 2.113, um genau zu sein. Allerdings haben sie hier praktisch keine Chance auf Aufenthalt. Im ersten Halbjahr 2022 wurde keinem einzigen Bürger aus Indien in Österreich Asyl gewährt.

Insgesamt gab es von Jänner bis inklusive Juli 2022 in Österreich 41.909 Asylanträge. Diese hohe Zahl wird allerdings dadurch relativiert, dass viele Flüchtlinge Österreich nur zur Durchreise nutzen. Laut Zahlen des Innenministeriums haben sich 10.300 Menschen nach ihrer Registrierung einem Asylverfahren in Österreich entzogen. Auffallend ist, dass die Zahl der Asylwerber in Grundversorgung (ukrainische Vertriebene nicht eingerechnet) trotz des starken Anstiegs der Anträge recht konstant bleibt.

Nicht zuletzt durch verstärkte Kontrollen an den Grenzen werden viele Flüchtlinge aufgefangen, die eigentlich nicht in Österreich bleiben wollen. Sie werden aber dennoch registriert, dann greift die Dublin-Verordnung. Diese regelt, welches Land für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig ist, und das ist jenes, in dem die Flüchtlinge zuerst registriert werden. Den Vorwurf, durch die verstärkten Kontrollen würden Österreichs Asylzahlen "künstlich hoch" gehalten, weist Karner aber "aufs Schärfste" zurück. Er sieht entsprechende Einsätze als wichtigen Teil der Schlepperbekämpfung.

Migrationsforscher Gerald Knaus erklärt in der "ZiB 2" am Sonntag, Österreich sei in den Jahren 2017 bis 2021 das Land gewesen, das weltweit die meisten positiven Asyl-Entscheidungen pro Kopf getroffen habe. Angesichts der Rhetorik in der Amtszeit von Sebastian Kurz, findet Knaus diese Tatsache bemerkenswert. Die Erkenntnis hat Knaus aus einer Auswertung der Daten aus den UNHCR-Jahresberichten zum Thema "Asyl in der Welt" aus den vergangenen Jahren, wie er der "Wiener Zeitung" auf Anfrage mitteilt.

Seit Anfang August ist nun auch ein Erlass des Innenministeriums in Kraft, wonach die Aufnahmeverfahren nicht mehr direkt an der Grenze zu erledigen sind. Die Identität wird zwar festgestellt und ein Datenbankabgleich durchgeführt, für das Erstgespräch bekommt ein Teil der Flüchtlinge aber Zugtickets und die Adresse einer Landespolizeidirektion in einem anderen Bundesland. Offiziell soll der Erlass dabei helfen, die Grenzbeamten zu entlasten. Inoffiziell lässt sich aber vermuten, dass man darauf hofft, dass Flüchtlinge in andere Länder weiterreisen. Denn Personen, die gar nicht in Österreich bleiben wollen, erhöhen mit Verzicht auf einen Asylantrag in Österreich ihre Chance auf ein Verfahren in einem anderen Land.

"Werbung" gegen Österreich

Migrationsforscher Knaus versuchte auch zu erklären, warum so viele Inder, aber auch Menschen aus anderen Ländern nach Österreich kommen. "Wenn man von Südosteuropa nach Mitteleuropa blicke, ist Österreich das erste Land, in dem Menschen mit einem fairen Asylverfahren rechnen können", sagt der Migrationsforscher. Das leiste auch deshalb einen Beitrag zu den hohen Antragszahlen, weil sich viele Flüchtlinge nicht daran stören, in Österreich aufgegriffen zu werden.

Dem will Karner nun entgegenwirken. Bereits am Wochenende hat er mit einem Plan für Aufsehen gesorgt: eine Anti-Marketing-Kampagne in den Herkunftsländern der Flüchtlinge. Der Innenminister vermutet starke Wirtschaftsmigration und will den Versprechungen der Schlepper in diesen Ländern entgegenwirken.

Inspirationsquelle Dänemark

Ein Vorbild in Sachen Asylpolitik scheint Karner bei seinem Besuch in Dänemark gefunden zu haben. Zum einen geht es um die freiwillige Rückkehr, denn in Dänemark kehren 90 Prozent aller Personen, die in ihre Heimatländer zurückgehen, freiwillig zurück. In Österreich sind es nur Prozent. Karner sieht hier einen möglichen Punkt für Änderungen.

Ebenfalls zeigt Karner Interesse am geplanten System in Dänemark, dass man Asylverfahren in Drittländern, wie beispielsweise Ruanda, abhält. Wegen einer Sonderstellung Dänemarks in der EU sei das möglich. In Österreich ist das rechtlich aber nicht möglich. Karner möchte dies aber auf europäischer Ebene diskutieren, um ein eventuelles Umdenken voranzutreiben. Er werde "alles Menschenmögliche tun", um ein Umdenken auf europäischer Ebene zu schaffen, so der Innenminister.