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Kärnten will nicht bluten

Von Brigitte Pechar

Politik

Spindelegger schließt Beteiligung privater Gläubiger nicht aus.


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Wien. "Eine schlechte beziehungsweise gar keine Strategie": Das sieht der Rolf Holub, grüner Kärntner Landesrat und Vorsitzender des damaligen Hypo-U-Ausschusses im Landtag, im Krisenmanagement der Bundesregierung seit der Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria. Die Regierung hätte sofort alles auf den Tisch legen und eine Vorgangsweise beraten sollen. Er sehe zwar ein, dass die Wiener Regierung nun versuche, alles den Kärntnern und ihrem damaligen Landeshauptmann Jörg Haider in die Schuhe zu schieben. Aber der Bund habe diesem Treiben ebenso zugeschaut wie die Staatsanwaltschaft und der Rechnungshof, sagt Holub zur "Wiener Zeitung".

Holubs Abwehrkampf hat einen guten Grund: Sowohl Bundeskanzler Werner Faymann als auch Finanzminister Michael Spindelegger pochen auf eine substanzielle Beteiligung Kärntens bei der Begleichung des Hypo-Desasters, etwa in Form des 500 Millionen schweren Zukunftsfonds, der aus dem Hypo-Verkauf an die BayernLB gespeist wurde. Alle Kärntner Parteien haben bereits abgewunken. Die Haftungen des Landes sind am Donnerstag Thema in einer Sondersitzung des Landtages. Diese ursprünglich bis zu 25 Milliarden Euro umfassenden Haftungen sind es ja, weswegen der Bund die Hypo von den Bayern 2009 um drei Euro zurückgekauft hat.

Ja, die Kärntner hätten eine Verantwortung, sagt Holub, aber "der Bund darf Kärnten nicht ausbluten". Man müsse eine gemeinsame Lösung suchen. "Wenn ganz Österreich auf die Kärntner einschlägt, bekommen die Blauen wieder Aufwind", warnt der grüne Landesrat. Er glaubt, dass im Zuge des Finanzausgleichs der Republik eine Lösung gefunden werden könne: "Wir werden da auch nicht mauern." Und Holub bietet sein Wissen an, um das eine oder andere Hypo-Engagement zu verwerten. Schließlich kenne er die vielen Geschäfte der Bank von Kroatien bis Serbien, weil er im Zuge seiner U-Ausschuss-Erkundungen in ganz Europa herumgereist sei.

Als die EU 2004 mit einer Richtlinie vorgab, dass Landeshaftungen ab 2007 untersagt und dann innerhalb von zehn Jahren abgebaut werden müssen, habe in Kärnten niemand gewusst, wie hoch die Landeshaftungen überhaupt waren. "Haider hat das nie interessiert. Er war aber Aufsichtskommissär der Bank", sagt Holub. Aus den von der FPK vorgelegten Budgets sei man im Landtag auch nicht schlau geworden - die Grünen sind erst 2004 in den Landtag eingezogen -, da die Haftungen im Budget nicht ersichtlich gewesen seien.

Was nun die weitere Vorgehensweise im Umgang mit der notverstaatlichten Bank angeht, sind weiter viele Fragen offen, etwa die mögliche Beteiligung privater Gläubiger, wie es die auf Brüsseler Ebene vorangetriebene europäische Bankenunion vorsieht. Diese kommt zwar für die Hypo zu spät, dennoch will Spindelegger, der sich am Dienstag beim Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel aufhielt, eine Beteiligung privater Gläubiger nicht ausschließen: "Das hängt vom Modell ab, das uns die Taskforce nun vorlegt." Ziel sei es jedenfalls, "die Belastung für den Steuerzahler so gering wie möglich zu halten". Entsprechend wünschenswert, so Spindelegger, wäre eine Gläubigerbeteiligung. Bei einer Insolvenz der Bank müsse dagegen vieles mitbedacht werden, so der Finanzminister, etwa die Folgen für die Kreditwürdigkeit der öffentlichen Hand - "das ist auch eine Frage der Bonität der Republik".

Spindelegger verwahrte sich in Brüssel auch gegen Darstellungen, die Regierung würde sich der politischen Auseinandersetzung um die Hypo entziehen. "Ich bin vorigen Montag, Dienstag und Mittwoch in die Öffentlichkeit gegangen und habe den Nationalrat informiert. Diesen Vorwurf lasse ich mir nicht umhängen."

Dessen ungeachtet hat der grüne Holub Verständnis für das Interesse der Bevölkerung im Hinblick auf die Ursachen und die Folgen der Affäre; zudem müsse auch die politische Verantwortlichkeiten vollständig geklärt werden, um Lehren für die Zukunft - zu ziehen. Im Auge hat Holub dabei etwa eine mögliche Reform des heimischen Föderalismus. Vorrang habe jetzt jedoch eine gemeinsame Lösung für dieses Debakel, Kleinkriege und Schlachten, etwa zwischen Regierung und Opposition müssten deshalb vermieden werden.

Chronologie

1992: Die Hypo wird in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, die Grazer Wechselseitige Versicherung als Miteigentümerin geholt. Mehrheitseigentümer bleibt das Land Kärnten. Die Bilanzsumme liegt bei 1,87 Milliarden Euro. Die Expansion auf dem Balkan beginnt, gestützt von Haftungen des Bundeslandes Kärnten.

2005: Bilanzsumme liegt bei 24,23 Milliarden, risikoreiche Kreditvergabe an Styrian Spirit unter Einfluss Jörg Haiders.

2006: Swap-Verluste werden bekannt. Die Bilanz 2004 erweist sich im Nachhinein als negativ. Die Finanzmarktaufsicht zeigt Vorstand wegen Bilanzfälschung an. Investorengruppe um Tilo Berlin tritt mit 125 Millionen ein.

2007: Verkauf von 50 Prozent der Hypo-Anteile an die BayernLB. Die Grawe hält 26,45 Prozent, das Land 20 Prozent, die Mitarbeiterstiftung 3,33 Prozent und Berlin & Co 0,22 Prozent. November muss die BayernLB erstmals 440 Mio. frisches Kapital pumpen, die Grawe 160 Mio. Euro. Später wird bekannt, dass der Steuerberater Birnbacher beim Hypo-Verkauf 12 Millionen kassieren sollte (später auf 6 Mio. Euro halbiert), die an Birnbacher, ÖVP und FPÖ fließen sollten.

2008: Beginn 1. Hypo-Prozess. Hypo erhält erstes Hilfspaket über 900 Mio.. Der Anteil des Landes sinkt weiter und liegt noch bei 12,42 Prozent. BayernLB besitzt mehr als 67 Prozent.

2009: Die Hypo geht per Verstaatlichungsbeschluss an Österreich zurück.

2011: Kapitalschnitt, der Bund muss einen Teil der Staatshilfen abschreiben.

2013: EU-Kommission droht mit Schließung der Bank. Als Reaktion wird ein Abbauplan geliefert.

2014: Am 10. Februar beschließt die Regierung, für die Hypo eine Bad Bank ("Anstaltslösung") einzurichten. Eine Insolvenz der Bank wird nicht angestrebt, aber auch nicht ausgeschlossen.