Emotionaler Parteitag in Klagenfurt. | Scheuch ohne Gegenkandidat mit 90,15 Prozent zum Obmann gewählt. | Schwere Attacken gegen Medien. | Klagenfurt. "Lieber Jörg, bitte hilf uns, diese Verräter zu verscheuchen!" Per Transparent schickten die Vertreter des BZÖ ein Stoßgebet gen Himmel, doch die Würfel beim Parteitag der Freiheitlichen in Kärnten (FPK) in Klagenfurt waren an diesem Samstag bereits gefallen. | Analyse: Zombies mit Ablaufdatum | Kärnten-Koalition wackelt
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Es werde "eine ganz klare Entscheidung für Uwe Scheuch" geben, zeigten sich zwei Oberkärntner Delegierte schon vor der Veranstaltung zuversichtlich. Und tatsächlich hatte Scheuch die Delegierten klar auf seiner Seite. Nur ein paar BZÖ-loyale störten die freiheitliche Harmonie dieser Uwe-Scheuch-Festspiele.
Die Veranstaltung im Klagenfurter Konzerthaus war ganz auf Scheuch zugeschnitten. Gleich fünfmal trat er ans Rednerpult, um seine Entscheidung, die Kärntner Freiheitlichen aus dem BZÖ herauszulösen und in eine Kooperation mit der FPÖ zu führen, zu argumentieren. In seiner mehr als einstündigen Hauptrede betonte er, dass Jörg Haider ("ich wäre für ihn durch die Hölle gegangen") zwar die FPÖ verlassen habe, aber nie die freiheitliche Politik. Scheuch gab sich betont versöhnlich und räumte auch Fehler ein. So hätte man wohl BZÖ-Bundesobmann Josef Bucher früher in die Entscheidung einbinden müssen. Seine Hand sei immer noch ausgestreckt, denn nur geschlossen habe die Gesinnungsgemeinschaft eine Chance.
"Schmutz und Dreck"
Herbe Kritik fand Scheuch für die Medien, die eine regelrechte Kampagne gegen ihn geführt hätten. "Ihr habt versucht, mich fertig zu machen", warf er den rund 60 akkreditierten Journalisten vor. Vier Wochen lang sei er "Vernaderung, Schmutz und Dreck" ausgesetzt gewesen. Doch es werde nicht gelingen, ihn zu brechen. Überhaupt ließen die Kärntner Freiheitlichen bisweilen den Eindruck entstehen, die Medien seien ihr größter Feind.
Schon Landeshauptmann Gerhard Dörfler hatte sich zuvor über "ständige Herabwürdigungen" durch die Journalisten empört. Es sei eine "journalistische Unkultur", ständig "Sonderdiagnosen über Kärnten" zu schreiben, so der Landeshauptmann. Vor allem die Kärntner "Kleine Zeitung" bekam ihr Fett weg. Einen Artikel vom Samstag, in dem die "Kleine" den Kärntner Freiheitlichen einen Totalabsturz in den Unfragen attestierte, kommentierte FPK-Klubobmann Kurt Scheuch gegenüber der "Wiener Zeitung" mit den Worten: "Die 'Kleine' lügt wie keine". Auch sein Stellvertreter Gernot Darman meinte, "mich beunruhigt nichts, was die "Kleine Zeitung" schreibt".
Ganz anders sahen das Josef Bucher und Stefan Petzner, die angetreten waren, für den Erhalt des Kärntner BZÖ zu kämpfen. Bucher meinte, von der Diskussion innerhalb der Freiheitlichen würden nur die politischen Gegner profitieren. Seine Rede wollte der BZÖ-Chef aber nicht als Brandrede verstanden wissen. Ihm gehe es um Deeskalation, sagte Bucher, der beteuerte, nie eine Spaltung der Partei gewollt zu haben. Dass er Autor einer Kampagne gegen Scheuch sei, wies Bucher empört zurück. Schließlich erklärte er fast trotzig, auch nach diesem Parteitag werde es in Kärnten ein Kärntner BZÖ geben. Von den FPK-Anhängern erntete Bucher mitunter Pfiffe und Buhrufe. Der Jubel seiner Anhänger blieb ungehört. Ihnen wurde der Zutritt zum Saal verwehrt, sie mussten den Parteitag über Bildschirm im Foyer verfolgen.
"Verraten und verkauft"
Im Gegensatz zu Stefan Petzner bleib Bucher sehr sachlich. Der BZÖ-Generalsekretär ließ seinen Gefühlen dann freien Lauf. In einer Rede zwischen unterdrückten Tränen und wüsten Beschimpfungen hob er seine Leistungen für die Partei hervor, etwa als erfolgreicher Organisator verschiedenster Wahlkämpfe. Dass ihm das nicht gedankt werde, davon zeigte sich Petzner schwer enttäuscht. Und er warnte die Kärntner Freiheitlichen, die Wähler würden zu Tausenden davonrennen, "weil wir sie enttäuscht, verraten und an Strache verkauft haben". Vor allem Scheuch warf er vor, ihn und Bucher monatelang belogen und über Geheimverhandlungen mit Heinz-Christian Strache im Unwissen gelassen zu haben.
Aber auch Petzners emotionale Rede vermochte nicht, die Kärntner Freiheitlichen "auseinanderzudividieren", wie vor allem Dörfler den FPK-Gegnern vorwarf. Ebensowenig BZÖ-Mandatar Sigisbert Dolinschek, der sich fühlte "wie ein Kind, dessen Eltern sich scheiden lassen". So fiel dann auch die Wahl von Uwe Scheuch zum FPK-Obmann mit 90,15 Prozent recht deutlich aus.
Weder Bucher, noch Petzner hatten es gewagt, den Chef der Kärntner Freiheitlichen herauszufordern. Die Anhänger des neuen FPK-Chefs feierten die Wahl mit "Uwe, Uwe"-Sprechchören und wehenden Kärntner Fahnen. Auch die Wahl von Scheuchs Stellvertretern war eine reine Formsache. Dabei bestand Scheuch auf einer geheimen Wahl, um sämtliche Manipulationsvorwürfe zu entkräften. Dennoch meinte eine Kärntner Journalistin: "Jede Schulsprecherwahl läuft geheimer ab."
Einer der neuen Stellvertreter ist Gerhard Dörfler. Noch vor einem Jahr hatte er ein parteipolitisches Amt ausgeschlossen, um sich ausschließlich der Regierungsarbeit widmen zu können. Dass er sich nun doch verstärkt in der Partei einbringen will, sei dem "Wunsch der Basis" geschuldet. Kein Verständnis hat der Landeshauptmann für Petzner. Dieser sei ein persönlicher Freund "und wird es auch bleiben". Es habe ihn aber überrascht, dass sich dieser gegen die FPK entschieden habe, so Dörfler zur "Wiener Zeitung".
Sämtliche Obmann-Stellvertreter wurden mit deutlich über 90 Prozent gewählt. Lediglich Ex-BZÖ-Generalsekretär Martin Strutz fiel mit 83 Prozent etwas ab. In der Folge durfte auch mit einem klaren Votum bezüglich des "Antrags zum eigenständigen Kärntner Weg". Einstimmig stimmten die knapp mehr als 300 Delegierten für den Austritt der Kärntner Freiheitlichen aus dem BZÖ und die Schaffung einer Wahlplattform bei Bundeswahlen mit der FPÖ. Bucher und Petzner hatten den Saal vorzeitig verlassen.
Bucher resigniert
Bucher reagierte resigniert auf die Ergebnisse des Landesparteitags: "Ich nehme das zur Kenntnis. Das ist aber nicht mehr meine Partei", so Bucher. "Alles hätte anders kommen können, wenn sich Bucher öfter in Kärnten hätte blicken lassen", analysierte Ex-Vizekanzler Herbert Haupt die Entwicklung der letzten Wochen. Die Wähler seien "kein Stimmvieh", das man nach der Wahl ignorieren dürfe, so Haupt.
Für das BZÖ beginnt nun der Kampf ums nackte Überleben. Allerdings haben sie noch eine Schonfrist bis zur nächsten Nationalratswahl. Für die Kärntner Freiheitlichen könnte es schon früher eine Bewährungsprobe an den Wahlurnen geben, dann nämlich, wenn sich die ÖVP am Montag dazu entschließt, die Koalition mit den nun wieder blauen Kärntner Freiheitlichen aufzukündigen. Dass sie das tut, ist allerdings zweifelhaft, denn auch ÖVP-Landesobmann Josef Martinz ist durch das Hypo-Debakel ordentlich unter Druck geraten. Bei einer vorgezogenen Wahl würden sowohl die FPK als auch die ÖVP verlieren.