Am 7. März finden in Kärnten - zeitgleich mit Salzburg - Landtagswahlen statt. Während man über die bundespolitische Signalwirkung anderer regionaler Wahlgänge durchaus diskutieren kann, steht diese hier außer Zweifel: Gelingt es der FPÖ unter Landeshauptmann Jörg Haider nicht, die dramatische Talfahrt der Freiheitlichen in der Wählergunst zu stoppen, wird dies wohl für die Zukunft der schwarz-blauen Koalition nicht ohne Folgen bleiben. Die SPÖ setzt jedenfalls alles daran, Haider zu stürzen. Ideale Voraussetzungen für einen spannungsgeladenen Wahlkampf.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Kärnten ist anders" - Den Beweis für diese Behauptung hat Österreichs südlichstes Bundesland schon des öfteren angetreten. Politisch und auch sonst. So wunderbar zweideutig wie hier mischt sich nirgendwo sonst in Österreich der Kampf um die eigene nationale Identität, der sich im Grenzlandmythos niedergeschlagen hat, mit dem Reiz einer neuen Offenheit, wie ihn die EU-Erweiterung verkörpert. In Kärnten nahm Ende der 80er Jahre auch der bundespolitische Höhenflug der FPÖ ihren Ausgang, der die Zweite Republik von Grund auf veränderte. Und hier wird sich wohl auch, knapp 15 Jahre später, die mittelfristige Zukunft der Partei und ihres Übervaters, Jörg Haider, weisen. Angesichts dieser Konstellation verwundert es nicht, dass dramatischer veranlagte Beobachter bereits von der "Mutter aller Wahlschlachten", die bis zum Wahltag am 7. März das Land heimsuchen wird, sprechen.
Die Ausgangskonstellation
Die Ausgangskonstellation für die Wahlen ist dabei von bewundernswerter Klarheit. Jörg Haider demütigte 1999 SPÖ wie ÖVP in beeindruckender Weise. Mit einem Stimmanteil von 42,1 Prozent (plus 8,8 Prozent) verdrängte er die SPÖ (32,9 Prozent, minus 4,5 Prozent) von Platz Eins und machte die FPÖ zum ersten und bisher einzigen Mal zur stärksten Partei in einem Landesparlament. Desaströs war aber auch das Abschneiden der ÖVP, der es nicht gelang, die Popularität ihres Landeshauptmannes Christoph Zernatto in Wählerstimmen umzumünzen. Die Volkspartei verlor auch 1999 weiter an Boden und kam nur mehr auf 20,7 Prozent (minus 3,1 Prozent). Für die Grünen blieb Kärnten auch 1999 der letzte "weiße Fleck" auf der Wahlkarte. Im Wahlbündnis mit den Vereinten Grünen (VGÖ), dem mittlerweile dahin geschiedenen Liberalen Forum und der slowenischen Einheitsliste unter dem Namen "Demokratie 99" angetreten, scheiterten sie mit 3,9 Prozent an der hohen Einzugshürde für den Landtag.
Der Frühstart
Die Bedeutung, die alle diesem Wahlgang beimessen, erkennt man auch an der Ungeduld, mit der sämtliche Parteien nach der Sommerpause bereits in den Vorwahlkampf gestartet sind. Die Ansprüche sind abgesteckt, die ersten Wahlplakate präsentiert und selbst der Landeshauptmann hat es für notwendig befunden, sein ständiges Liebäugeln mit einer Rückkehr auf die bundespolitische Politikbühne zumindest bis zum Wahltag definitiv auszuschließen.
Alles auf eine Karte
Tatsächlich steht für Haider viel, wenn nicht sogar alles auf dem Spiel. Gelingt es dem gebürtigen Oberösterreicher, den Absturz der FPÖ zumindest in seiner eigenen politischen Wahlheimat zu stoppen, dürfte sein Comeback als Parteiobmann wohl nur mehr eine Frage der Zeit sein. Kein Wunder, dass Haider nun bereit ist, in Kärnten alles auf eine Karte zu setzen: Der gesamte Wahlkampf wird ausschließlich auf die Person des Landeshauptmannes zugeschnitten sein, die Partei soll demgegenüber fast völlig im Hintergrund verschwinden - so planen es zumindest die freiheitlichen Wahlstrategen.
Die katastrophalen Wahlergebnisse der FPÖ in den zurück liegenden drei Jahren erlauben aber auch Haider einen gewissen Ergebnisspielraum: Eine Wiederholung des Wahltriumphs von 1999 wird angesichts der völlig geänderten Rahmenbedingungen ohnehin kaum möglich sein. Selbst ein Rückfall hinter die SPÖ könnte noch als Erfolg verkauft werden, gelingt es der einstigen Wahllokomotive, die Freiheitlichen um die 35 Prozent zu stabilisieren. Damit wäre der Beweis angetreten, dass nur Haider in der Lage ist, den Niedergang seiner Partei zu stoppen. Für diesen Fall gibt es wiederum zwei Szenarien: Haider bleibt - mit den Stimmen der ÖVP - Kärntner Landeshauptmann oder er wechselt, etwa in der Rolle des Klubobmannes im Parlament, zurück nach Wien.
Liegt das Wahlergebnis am Abend des 7. März jedoch deutlich unter der 35-Prozent-Marke, dürfte der Siegernimbus Haiders endgültig Vergangenheit sein. Denn ob es Haider gelingen wird, auch ein Ergebnis von weniger als 30 Prozent in einen Sieg - etwa nach dem bewährten Motto "trotz Gegenwind aus Wien" - umzudeuten, darf bezweifelt werden.
Die Herausforderer
Kein Wunder, dass die Aussicht, Jörg Haider endgültig ins politische Ausgedinge zu befördern, auf die Herausforderer besonders motivierend wirkt.
Die SPÖ tritt mit LH-Stv. Peter Ambrozy und dem Ziel an, wieder stärkste Partei zu werden. Umfragen bescheinigen diesem Ziel eine gewisse Wahrscheinlichkeit, wenngleich offen bleibt, wie Ambrozy in der direkten Auseinandersetzung mit Haider, dem er schon beim letzten Mal unterlegen ist, abschneidet. Ambrozy hofft dementsprechend auf eine Wechselstimmung im Land und Rückenwind von Seiten der Bundespartei.
Mit einer Überraschung wartete die ÖVP Anfang Oktober auf: Landesparteiobmann Georg Wurmitzer wäre wohl im Landeshauptmann-Duell zwischen Haider und Ambrozy hoffnungslos aufgerieben worden. Aus der Not eine Tugend machend nominierten die "Schwarzen" mit der Gattin des Klagenfurter Bürgermeisters, der Kärntner Nationalratsabgeordneten Elisabeth Scheucher, eine Spitzenkandidatin, die gleich auch den Führungsanspruch erhob: Der Slogan "Der nächste Landeshauptmann wird eine Frau" prangt selbstbewusst auf ihrem ersten Plakat. Ob das jedoch schon ausreicht, aus dem Duell um den Landeshauptmann einen Dreikampf zu machen, bleibt abzuwarten.
Sehr viel wahrscheinlicher ist da schon, dass die wirklich wichtigen Entscheidungen nicht schon am Wahlabend, sondern erst in den Wochen darauf fallen: Verfügen FPÖ und ÖVP über eine gemeinsame Mehrheit im Landtag, hängt alles davon ab, ob die Volkspartei noch einmal bereit ist, Haider zum Landeshauptmann zu küren - und welchen Preis sie dafür verlangen wird.