Wirtschaftsministerium will Personal der Wettbewerbsbehörde verdoppeln.
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Wien. Die Arbeiterkammer fordert höhere Kartellstrafen: "Die Bußgelder müssen eine abschreckende Wirkung haben, damit Preisabsprachen nicht mehr vorkommen", sagt AK-Wettbewerbsexpertin Ulrike Ginner. Als Bußgeld drohen maximal zehn Prozent des Jahresumsatzes - die tatsächlichen Strafen liegen meist deutlich darunter. "Mit der Geldbuße werden die Vorteile durch das Kartell nicht abgeschöpft", sagt Martin Winner von der Wirtschaftsuniversität Wien. Die von der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) beantragte Bußgeldhöhe werde vom Kartellgericht oft zusammengestutzt, sagt BWB-Sprecher Stefan Keznickl.
Die AK kritisiert mangelnde Transparenz bei der Bußgeldberechnung. Für das Strafausmaß wird laut BWB ein Prozentsatz vom Umsatz im vom Kartell betroffenen Produktbereich herangezogen. Diese Summe wird mit der Anzahl an Jahren multipliziert, in denen Absprachen stattgefunden haben. Zuschläge gibt es für Wiederholungstäter, Abschläge für eine Zusammenarbeit mit den Wettbewerbshütern.
Die optimale Transparenz bedeutet für Ginner, dass jemand weiß, ob er durch das Kartell geschädigt wurde. Schadenersatzforderungen seien bei Lebensmittel-Preisabsprachen aber schwierig: "Keiner hebt sich Rechnungen von Milchpackungen auf."
Lebensmittelpreise liegen ein Fünftel über EU-Durchschnitt
Wie zuvor Rewe setzt nun auch Spar auf Verzögerungstaktik: Nach einer Maßnahmenbeschwerde beim Unabhängigen Verwaltungssenat wegen der ersten Razzia in der Salzburger Zentrale hat Spar weitere Rechtsmittel angekündigt. "Natürlich bindet so eine Beschwerde Ressourcen, aber das bringt uns nicht aus der Ruhe", sagt Keznickl.
Nach zahlreichen Hausdurchsuchungen hat die BWB jedenfalls genug zu tun. Mit 21 Fallbearbeitern liegt die Personalausstattung der Wettbewerbshüter jedoch nur auf dem Niveau von Zypern, Albanien und Malta. "Unser Ziel ist eine Verdoppelung des Personals", heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Bis wann das umgesetzt wird, hänge von den nächsten Regierungsverhandlungen und Budgetgesprächen ab. Auch das Beamtenministerium muss zustimmen. Mit September wurden in einem ersten Schritt drei neue Fallbearbeiter angestellt.
AK-Experte Roland Lang sieht die hohe Marktkonzentrationen im österreichischen Einzelhandel als Gefahr: "Wo es große Marktmacht gibt, ist ein Missbrauch nicht weit." Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke waren laut Eurostat 2012 in Österreich um ein Fünftel teurer als im EU-Durchschnitt. Nur in Dänemark und Schweden lag das Preisniveau des Warenkorbs höher.