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Karzai über Folter-Bericht empört

Von WZ Online

Politik

Neue Berichte über Misshandlungen afghanischer Gefangener durch US-Soldaten überschatten den viertägigen Besuch von Präsident Hamid Karzai in den Vereinigten Staaten. Karzai äußerte sich am Samstag unmittelbar vor seinem Abflug in die USA empört. "Ich bin völlig entsetzt", sagte er. Auch die Vereinten Nationen verurteilten am Sonntag die Misshandlung der Gefangenen. Sie riefen die US-Streitkräfte auf, eine Untersuchung durch afghanische Menschenrechtsexperten zuzulassen.


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Die "New York Times" hatte am Freitag aus einem vertraulichen Heeresbericht über den Tod von zwei Afghanen auf dem US-Stützpunkt Bagram zitiert. In einigen Fällen seien die Misshandlungen von den Vernehmungsführern befohlen oder ausgeführt worden, um Informationen zu erhalten, schrieb die Zeitung.

"Wir verurteilen das zutiefst", sagte Karzai. Er forderte Washington zu "sehr, sehr harten Maßnahmen" gegen die Verantwortlichen auf, damit diese nicht weiter in Afghanistan eingesetzt würden. Er werde das Thema bei seinen Beratungen in den USA zur Sprache bringen. Ferner forderte er, die US-Regierung solle alle afghanischen Gefangenen übergeben.

Kritisch äußerte sich Karzai, der im Laufe der Woche in Washington mit US-Präsident George W. Bush zusammentreffen wird, auch über die amerikanischen Militäraktionen in seinem Land. Er forderte ein Mitspracherecht. "Es sollte keine Operation in Afghanistan ohne vorherige Absprache mit der afghanischen Regierung geben", sagte Karzai vor Journalisten.

Die US-Regierung ihrerseits ist einem Zeitungsbericht zufolge mit der Bekämpfung des Mohnanbaus in Afghanistan unzufrieden. Wie die "New York Times" am Samstag unter Berufung auf eine interne Aktennotiz berichtete, behinderten örtliche Funktionäre ein von den USA finanziertes Programm zur Vernichtung von Mohnanbauflächen, die den Rohstoff für Heroin liefern. Karzai und seine Regierung unternähmen wenig, um das Programm durchzusetzen, hieß es in dem Vermerk der US-Botschaft in Kabul vom 13. Mai, der an Außenministerin Condoleezza Rice adressiert gewesen sei. "Obwohl Präsident Karzai sehr wohl über die Probleme mit der Umsetzung eines wirksamen Vernichtungsprogramms unterrichtet ist, hat er keine starke Führung zu dessen Durchsetzung zeigen wollen", hieß es laut "New York Times" in dem Vermerk.

Bei Gefechten zwischen Aufständischen und amerikanischen sowie afghanischen Soldaten wurden unterdessen im Osten des Landes zwölf Rebellen getötet. Ein US-Soldat wurde nach Angaben des US-Militärs vom Sonntag leicht verletzt. Schauplatz der Gefechte war die Provinz Paktika an der Grenze zu Pakistan. Nach pakistanischen Angaben wurden auf pakistanischer Seite durch US-Kampfjets und Raketenfeuer fünf Menschen getötet.

Bei einem Bombenanschlag auf eine amerikanische Militärpatrouille wurde am Samstag im Süden Afghanistans ein Soldat getötet worden. Drei weitere Soldaten wurden verletzt, als der Sprengsatz in der Provinz Sabul detonierte, wie ein US-Militärsprecher mitteilte.