Sicherheitsgarantien für Taliban-Chef Mullah Omar. | Obama will nur mit den moderaten Taliban sprechen. | Neu Delhi. Afghanistans Präsident Hamid Karzai bietet Hardcore-Taliban Friedensverhandlungen mit weitreichenden Sicherheitsleistungen an. Er möchte damit vor allem ein Signal an den nächsten US-Präsidenten senden. Mullah Brother, Vize-Chef der Taliban, lehnte das Angebot Karzais aber umgehend ab.
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Die wenigen Fotos von ihm sind alt und verwaschen, und manche davon sollen obendrein gar nicht ihn selbst zeigen: Taliban-Gründer Mullah Omar ist für sein schlaues Versteckspiel ebenso bekannt wie für seine Brutalität und seinen religiösen Verfolgungswahn. Seit Jahren steht der Top-Terrorist, auf den 10 Millionen US-Dollar Kopfgeld ausgesetzt sind, ganz oben auf der Liste der meistgesuchten Männer der Welt. Nun hat Afghanistans Präsident Hamid Karzai ihm weitgehende Sicherheitsgarantien angeboten, falls Omar bereit zu Verhandlungen ist.
Das ist kaum nach dem Geschmack der westlichen Alliierten, die seit sieben Jahren Krieg am Hindukusch führen und die 2001 die Taliban und Mullah Omar aus dem Land vertrieben haben. Doch Karzai hat bemerkt, falls dem Westen seine Haltung nicht passe, könne dieser gerne gehen.
"Wenn ich Schutz für Mullah Omar will, hat die internationale Gemeinschaft zwei Möglichkeiten: mich abzusetzen oder abziehen, wenn sie nicht einverstanden ist." Das sind starke Worte für jemanden, der sein Amt vor allem der massiven Unterstützung durch den Westens zu verdanken hat und dessen Land sich ohne wirtschaftliche, politische und finanzielle Hilfe aus dem Westen längst aufgelöst hätte. Doch Karzai möchte damit vor allem ein Signal Richtung Washington aussenden, dass nach dem Abgang der Bush-Regierung eine neue Strategie für Afghanistan sucht. Denn Verhandlungen mit den Islamisten sind dort immer noch ein Tabu-Thema.
Frust bei Alliierten
Das könnte sich bald ändern. Seit gut zwei Jahren hat Gewalt und Gesetzlosigkeit in Afghanistan zugenommen. Der Anstrengungen der Alliierten, den Krieg gegen Taliban und andere Aufständische zu gewinnen, scheinen ins Nichts zu laufen. Der britische Kommandeur Mark Carleton-Smith hatte vor kurzen seiner Frustration freien Lauf gelassen und offen erklärt, der Krieg sei nicht zu gewinnen und Gespräche mit den Taliban könnten ein wichtiger Schritt sein.
Auch der designierte US-Präsident Barack Obama hat sich für Gespräche mit den Taliban ausgesprochen - allerdings nur mit den moderaten. Das schließt Mullah Omar aus. Der einäugige Kommandant, der sich in Pakistan versteckt halten soll, ist kein echter Hoffnungsträger für Friedensverhandlungen. Omar, der unter anderem für die Zerstörung der unwiederbringlichen Buddha-Statuen von Bamyan aus dem 6. Jahrhundert verantwortlich war, ist ein Hardcore-Islamist, der Frauen in die Burqa zwang und vermeintlichen Dieben öffentlich die Hände abhacken ließ. Es ist schwer, sich ihn am Verhandlungstisch vorzustellen.
Die USA hoffen, ihren Erfolg im Irak auch in Afghanistan wiederholen zu können, wo es ihnen gelang, durch eine Spaltung der Sunni-Aufständischen frühere Gegner auf ihre Seite zu ziehen und so Al Kaida zu schwächen. Doch auch in Afghanistan wird der Erfolg weniger mit einer große Verhandlungsrunde erreicht werden als durch viele kleine Allianzen mit lokalen Führern vor Ort.