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Käse mit politischer Sprengkraft

Von Martyna Czarnowska

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Halloumi oder Hellim? Das Ringen um den Namensschutz für ein Milchprodukt hat in Zypern mehr als nur wirtschaftliche Bedeutung.


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Es Schadenfreude zu nennen, wäre übertrieben. Um so etwas zu zeigen, dafür ist Osman Ertug zu sehr Diplomat, was ja auch sein Beruf ist. Doch wenn der türkische Zypriot von den wirtschaftlichen Problemen seines Landes spricht, kann er sich nicht verkneifen, auf eine gewisse Ironie des Schicksals hinzuweisen. "Die griechischen Zyprioten haben uns immer wieder vorgeworfen, dass wir von der Türkei abhängig sind", sagt Ertug. "Aber wie sehr ihre eigene Wirtschaft mit jener Griechenlands verbunden ist, haben sie dabei nicht erwähnt." Und nun ist es ausgerechnet diese Verflechtung, die den kleinen Staat in die ökonomische Bredouille bringt. Immerhin waren Zyperns zahlreiche Bankengeschäfte mit griechischen Geldinstituten einer der gewichtigsten Auslöser für die finanzielle Krise des Landes. Griechenlands Absturz riss Zypern mit.

Dennoch würden diese Probleme eher die griechischen Zyprioten im Süden betreffen, betont Ertug, der ein enger Berater des Volksgruppenvertreters im Norden, Dervis Eroglu, ist: "Mit uns hat das wenig zu tun." Denn die - lediglich von Ankara anerkannte - Türkische Republik Nordzypern ist wirtschaftlich mit dem Rest der Welt nur über die Türkei verbunden. So wird sie auch nichts von der Milliardenhilfe erhalten, die nach Zypern fließen soll: Nikosia hat Notkredite aus dem Euro-Rettungsschirm in Höhe von 17,5 Milliarden Euro beantragt. Das vor wenigen Wochen von der EU-Kommission genehmigte Programm zur Unterstützung "der wirtschaftlichen Entwicklung der türkisch-zyprischen Gemeinschaft" nimmt sich im Vergleich dazu bescheiden aus: Es ist mit 27,2 Millionen Euro ausgestattet.

Doch ist vielmehr die Überwindung der internationalen Isolation eines der wichtigsten Anliegen der türkischen Zyprioten. Diese wollen ihre Orangen oder Milchprodukte direkt vermarkten können und nicht über den Umweg des Südens etwa.

So war es auch ein wirtschaftliches Postulat, das Ertug vor kurzem nach Brüssel führte. Es geht um Käse, eine spezielle Art, auf Zypern produziert und von dort in zahlreiche Länder exportiert. "Halloumi" nennen ihn die griechischen Zyprioten, "Hellim" ist es für die türkischen Zyprioten. Dass der Süden künftig beide Namen schützen lässt, wollte Ertug in seinen Gesprächen mit EU-Beamten verhindern helfen. Denn damit würde der Norden eventuelle Rechte an der Markenbezeichnung - und gleichzeitig einiges an potenziellen Handelsmöglichkeiten - verlieren.

Nun ist es nicht der erste Zwist unter EU-Staaten - oder deren Teilen - um den Schutz von Namen. Polen und die Slowakei etwa stritten darum, wer den echten Oscypek, ebenfalls eine Käseart, produziert. In Österreich war die Aufregung groß, als Slowenien die Bezeichnung für Krainer Wurst schützen lassen wollte: Gleich ward Gefahr für die Käsekrainer geortet. Für Unstimmigkeiten hatten ebenfalls schon Oblaten oder Champagner gesorgt.

In Zypern allerdings hat das Ringen um Halloumi und Hellim eine zusätzliche Bedeutung. Es zeigt einmal mehr, wie weit noch das Land von seiner Wiedervereinigung entfernt ist.