Die FPÖ dreht zur EU-Wahl einen Film und bedient dabei jedes Vorurteil.
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Wien. Blonde Kinder am Spielplatz. Blonde Kinder im Park. Blonde Kinder auf Mutters Schoß. Blonde Kinder auf der Schaukel. Wenn die FPÖ einen Film dreht, greift sie ganz tief in die Klischee-Kiste. Auch beim neuesten Machwerk "Demokratie unter Druck", das die Blauen zum Europa-Wahlkampffinale präsentierten. Nach den blonden Kindern wird in dem 20-minütigen Streifen so ziemlich jedes Vorurteil gegenüber der EU bemüht. Wenigstens auf die Blut-Schokolade wurde verzichtet.
Schon bei den Beitrittsverhandlungen seien "Österreichs Interessen mit Füßen getreten" worden, heißt es. Die Kampagne zur Beitrittsabstimmung sei regelrechte "EU-Propaganda" gewesen - und die Medien spielten alle mit. Schon damals seien die Freiheitlichen "die einzigen Rufer in der Wüste" gewesen, "doch der Medien-Tsunami war stärker".
Für Österreich gab es seither nur verbrochene Versprechen, beklagen die Freiheitlichen: kein Ederer-Tausender, kein Schilling mehr. Dafür mutierte die EU in den Augen ihrer blauen Kritiker zu einem regulierungswütigen Monster, das die Souveränität der Mitgliedstaaten mit Füßen tritt und eine Gefahr für die Demokratie darstellt.
Der Einzige, der diesen "Anschlag auf die Demokratie" erkennt? Na klar, Heinz-Christian Strache. Rechtgeben lässt er sich neben Parteifreunden auch von so umstrittenen Persönlichkeiten wie Thilo Sarrazin oder Karl Albrecht Schachtschneider.
Der am Freitag in der Wiener Lugner City präsentierte Film ist nicht der erste Wahlkampfstreifen aus dem Hause FPÖ-TV. Schon im Nationalratswahlkampf hatte man zu diesem Mittel gegriffen. Damals war Strache noch persönlich bei der Präsentation. Diesmal fehlte er, ebenso die linken Demonstranten vom letzten Mal - dafür sorgte rund ein Dutzend Polizisten. Auch das mediale Interesse fehlte. Außer der "Wiener Zeitung" waren ausschließlich Freiheitliche gekommen.
Von den jungen Blauen wollte übrigens niemand mit der "Wiener Zeitung" sprechen. "Gut war er", der Film, mehr ist nicht aus ihnen herauszuholen.
Gesprächiger ist Spitzenkandidat Harald Vilimsky. Für ihn ist der Film (für den sich die Macher übrigens großzügig im kostenlosen Filmfundus der EU bedient haben) ein Gegenentwurf zu dem, was das öffentlich-rechtliche Fernsehen über Europa zeigt. Die FPÖ "zeigt die Schattenseiten Europas", sagt er. Die rot-schwarze Regierung habe die Bevölkerung seinerzeit in die EU "hineingelogen", wobei "die Grundrichtung der Union in Ordnung" sei. "Aber die Intensität und die Geschwindigkeit sind zu hoch."
Für Barbara Kappel - sie hat als viertplatzierte Kandidatin gute Chancen auf ein Mandat - sind die vielen Klischees im Film kein Problem. "Warum nicht? Es ist ein Werbefilm. Außerdem beinhaltet er keine Unwahrheiten." Auch Kappel findet die EU eigentlich "ein großartiges Projekt", aber in den letzten zehn Jahren sei halt vieles falsch gelaufen. Daher brauche es "ein Redesign".
Statt Popcorn gab es bei der Filmvorführung ein Würstl-Buffet - "mit Käsekrainern, die hat uns die EU auch schon verbieten wollen", wie es heißt. "Von mir aus hätten sie die ruhig verbieten können", sagt Kappel hinter vorgehaltener Hand und outet sich als "kein Fan der Käsekrainer".