Stöger prescht bei Kassensanierung vor. | 2010 kommt Fonds zur Entschuldung. | Faymann: "Nicht auf dem Rücken der Patienten." | Sillian. Strahlender Sonnenschein, toller Schnee - das ideale Pistenwetter. Doch für Skigaudi hatten die Regierungsmitglieder am Montag keine Zeit. In Sillian in Osttirol traf sich das Kabinett Faymann zu seiner ersten Regierungsklausur. Bis auf Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka, der beim Ecofin in Brüssel weilt, hatte dann auch die gesamte Regierungsmannschaft die beschwerliche Reise ins Hochpustertal angetreten. Mit ihnen waren dutzende Journalisten und Fotografen aus Wien angereist.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Inhaltlich sollte es sich bei der zweitägigen Klausur hauptsächlich um die Steuerreform und um Bildungspolitik drehen. Allerdings hat Gesundheitsminister Alois Stöger mit seiner Ankündigung, die maroden Krankenkassen noch heuer finanziell deutlich zu entlasten, die Agenda ziemlich durcheinander geschüttelt.
Der Minister plant einen Kostenersatz für versicherungsfremde Leistungen für Mütter, Pensionisten und Arbeitslose. So soll das Wochengeld für junge Mütter künftig aus dem Familienlastenausgleichsfonds bezahlt werden, was den Kassen alleine heuer 107 Millionen Euro bringen würde. Das Krankengeld für die Arbeitslosen sollte den Kassen ersetzt werden, was ihnen heuer rund 45 Millionen Euro brächte. Der sogenannte Hebesatz für die Pensionisten sollte von 180 auf 200 angehoben werden. Das würde für die Kassen Mehreinnahmen von jährlich 225,9 Millionen Euro bedeuten. Mit der Ärztekammer will Stöger über eine Ermöglichung von Teilkündigungen von Gesamtverträgen verhandeln.
Zusätzlich sollen die mit 1,2 Milliarden Euro verschuldeten Kassen mit 450 Millionen Euro teilentschuldet werden. Dafür soll ab 2010 ein eigenes Entschuldungsgesetz sorgen. Dies bestätigt auch Kanzler Werner Faymann. Es werde in den nächsten Jahren dreimal 150 Millionen Euro zur Schuldentilgung geben. Alle anderen Vorhaben Stögers wollte der Kanzler nicht bestätigen. Man stehe erst am Beginn eines Diskussionsprozesses, wie die Kassen zu sanieren seien. Diese hätten unter zahlreichen Gesetzesänderungen der letzten Jahre gelitten, nun müsse ihnen unter die Arme gegriffen werden. Faymann betonte, dass sichergestellt werde, dass die Sanierung "nicht auf dem Rücken der Patienten" erfolgen werde.
Vizekanzler Josef Pröll, der mit der ÖVP-Regierungsmannschaft schon am Sonntag angereist war und einen "Ost-Tirol-Tag" mit Besuchen von Polizeiinspektionen und Firmen eingelegt hatte, zeigte sich wenig erbaut über das Vorpreschen Stögers. Es gelte weiterhin das Motto "keine Entschuldung ohne Vorleistungen", hieß es vor der Klausur. Allerdings sickerte gleichzeitig durch, dass sich SPÖ und ÖVP auf die Einrichtung eines Fonds geeinigt haben, über den die Entschädigung für versicherungsfremde Leistungen an die Kassen abgewickelt werden soll. Die Mittelverteilung soll gleichzeitig an Leistungsvereinbarungen geknüpft werden. Verwaltet werden soll der Fonds vom Gesundheitsministerium.
Heute, Dienstag, soll im Ministerrat die Steuerreform beschlossen werden. Hier wurde bis zuletzt um die Entlastung der Selbständigen gefeilscht. Der SPÖ waren die ÖVP-Vorschläge zu großzügig. Ebenfalls noch offen ist die Einführung einer Besteuerung von Aktienoptionen (Stock Options) für Manager.