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Katalanisch-schottische Träume

Von Saskia Blatakes

Politik

Das Referendum in Schottland dient in Spanien Separatisten als Vorbild.


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Madrid/Wien. Der schottische Referendums-Krimi versetzt neben Großbritannien noch ein anderes europäisches Land in Aufruhr: Spanien. Denn in Katalonien gibt die mögliche schottische Unabhängigkeit dem alten Traum vom unabhängigen Staat Aufwind.

Der konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy fand im Kongress am Vortag des schottischen Referendums klare Worte: Es sei "schlecht für die Region, schlecht für den Staat und schlecht für die EU". Abspaltungstendenzen "torpedieren die EU" und führen zu "Rezession und Armut", schimpfte er weiter.

Dann erinnert er die katalanischen Meinungsführer daran, dass Schottland seinen Mitgliedstatus in der EU verlieren könnte. Eine Wiederaufnahme bedeute einen Prozess, der acht Jahre dauern könne, wie im Falle Spaniens, oder gar noch länger wie in Kroatien. "Außerdem bedarf es der Einstimmigkeit aller 28 Mitglieder", sagte der Premier.

Der katalanische Regierungschef Artur Mas entgegnete: "Ich bin mir sicher, dass es bei einem ‚Ja‘ sofort die Bemühungen starten, Schottland von einem Verbleib in der Europäischen Union zu überzeugen."

Und er fügte in Richtung Rajoy hinzu: "Ein Volk zum Schweigen zu bringen, das sich äußern möchte, ist ein Fehler." Mas bezog sich dabei auf das für den 9. November angekündigte Referendum über die Zukunft Kataloniens. Madrid weist es als illegal zurück. Der sozialistische Oppositionsführer in Madrid, Pedro Sánchez, wiederum warnt, Spanien stehe vor einer Staatskrise. Rajoy und Mas müssten dringend über eine Verfassungsreform sprechen, die alle Seiten zufriedenstelle.

Auch in den Medien war das Schottland-Referendum beherrschendes Thema: Die der konservativen Volkspartei eigentlich nahestehende Zeitung "La Razón" bemängelt die Gelassenheit Rajoys und bezeichnet Katalonien als "Pulverfass". In der konservativen Tageszeitung "El Mundo" kommentiert der Historiker Jordi Canal wiederum harsch, der fundamentale Unterschied bestehe darin, dass das schottische Referendum rechtmäßig sei, das katalanische dagegen nicht. Die linksliberale und größte spanische Zeitung "El País" schlägt in die gleiche Kerbe: "Das schottische Referendum ist ein legaler Prozess. Im Gegensatz dazu meinen einige katalanische Separatistenführer, die Legalität umgehen zu können."

Da passte es, dass die Republikanische Linke Kataloniens, die die autonome Region zusammen mit der CiU, der Partei von Mas, regiert und nach Umfragen bei den Wählern immer beliebter wird, diese Woche zum "zivilen Ungehorsam" aufrief.