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Katalanische Politiker nach Madrid überstellt

Von WZ-Korrespondent Manuel Meyer

Politik

Die Unabhängigkeitsbewegung ist tief gespalten. Den Separatisten wird am 12. Februar der Prozess gemacht.


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Barcelona/Madrid. Es ist noch stockdunkel und bitterkalt: Freitagmorgen, 6.45 Uhr, wird Carme Forcadell, Kataloniens ehemalige Parlamentspräsidentin, in den Polizeibus gesetzt. Die Regionalpolizei Mossos d’Esquadra überstellt sie vom Gefängnis Mas d’Enric in der Nähe der Küstenstadt Tarragona in die Haftanstalt Brians in Sant Esteve de Sesrovires westlich von Barcelona.

Hier wird sie später der paramilitärischen Guardia Civil übergeben und nach Madrid gebracht. Denn in der spanischen Hauptstadt wird den ehemaligen Politikern wegen der Vorbereitung und Durchführung des illegalen Unabhängigkeitsreferendums vom 1. Oktober 2017 sowie der anschließenden Ausrufung der Katalanischen Republik der Prozess gemacht. Dieser soll am 12. Februar beginnen.

Doch die Überstellung der Gefangenen geht nur stockend voran. Bereits nach einem halben Kilometer muss der Gefangenentransport mit Forcadell an Bord anhalten. Eine Gruppe von rund 50 Unabhängigkeitsbefürwortern hat die Zufahrtsstraße zur Haftanstalt versperrt. Die ganze Nacht hatten sie Wache gehalten, um den Transport abzufangen. Der Begleitschutz der Polizei tritt in Aktion: Die Beamten lösten mit Schlagstöcken die Straßensperre auf. Mehrere Personen wurden leicht verletzt. Für die Polizisten kam es nicht unerwartet: Man rechnete mit Problemen, vor allem durch die radikalen Jugendbanden der linkspopulistischen Separatistenpartei CUP und die selbst ernannten "Komitees zur Verteidigung der Republik".

Auch vor der Haftanstalt in Lledoners, in der sich viele der männlichen Ex-Politiker befanden, kam es zu Problemen. Rund 30 Personen versuchten unter "Freiheit"-Rufen den Polizeibussen den Weg zu versperren, mit denen Jordi Sánchez und Jordi Cuixart, die ehemaligen Vorsitzenden der separatistischen Bürgerplattformen ANC und Omnium Cultural, sowie zahlreiche Mitglieder der bereits vor über einem Jahr abgesetzten Regionalregierung von Carles Puigdemont nach Brians gebracht wurden.

Von hier aus wurden schließlich alle Häftlinge zusammen - Forcadell mit acht weiteren Separatistenführern - gegen 9.30 Uhr in einem Gefangenentransportbus der Guardia Civil unter großen Sicherheitsvorkehrungen nach Madrid gefahren. Sogar zwei Polizeihubschrauber und über ein Dutzend Begleitschutzwagen eskortierten den Konvoi. Am Straßenrand, vor allem an der Zufahrtsstraße zur Haftanstalt, versammelten sich hunderte von Demonstranten mit katalanischen Unabhängigkeitsflaggen.

Reden vor der Haftanstalt

Auch zahlreiche Abgeordnete der separatistischen Allianz des im Exil befindlichen Carles Puigdemont, (Junts per Catalunya - JxCAT) hatten seit den frühen Morgenstunden vor der Haftanstalt Brians gewartet, um ihre Weggefährten zu unterstützen. "Nicht nur sie werden gerichtet, sondern 2,4 Millionen Katalanen, die am 1. Oktober 2017 am Unabhängigkeitsreferendum teilnahmen, um die Demokratie, die Meinungsfreiheit und das Selbstbestimmungsrecht unserer Nation zu verteidigen", so ein JxCAT-Sprecher vor der Haftanstalt.

Kataloniens Ministerpräsident Quim Torra sprach den Angeklagten kurz vor dem Abtransport im Gefängnis nochmals höchstpersönlich seine Solidarität aus und bekräftigte, seine Regierung werde kein anderes Urteil als den Freispruch akzeptieren.

Ansonsten, betont Torra immer wieder, werden die katalanischen Separatistenparteien der Minderheitsregierung von Spaniens sozialistischem Ministerpräsidenten Pedro Sánchez im Madrider Parlament die notwendige Unterstützung für die Verabschiedung des neuen Haushalts entziehen und damit Neuwahlen provozieren.

Doch dürfte weder das eine noch das andere eintreten. Die zur Last gelegten Anschuldigungen sind schwerwiegend. Die spanische Staatsanwaltschaft klagt die neun Separatistenführer unter anderem wegen Rebellion, Aufruhr und Veruntreuung öffentlicher Gelder an. Gegen weitere drei Politiker wird vor anderen Gerichten mit geringeren Anklagepunkten prozessiert.

Bei dem Verfahren, das kommende Woche am Obersten Gerichtshof in Madrid beginnt, drohen Kataloniens ehemaligen Vizeregierungschef Oriol Junqueras, aber auch den anderen Regierungsmitgliedern wie Innenminister Joaquim Forn oder Außenminister Raül Romeva hohe Haftstrafen von bis zu 25 Jahren. Ein Freispruch ist kaum zu erwarten, zumal alle Beteiligten bereits zuvor vom Verfassungsgericht verwarnt wurden, das als illegal eingestufte Unabhängigkeitsreferendum überhaupt vorzubereiten.

Ringen um Profilschärfung

Andererseits täuscht das Bild der Einheit unter Kataloniens Unabhängigkeitsbefürwortern bei der Verabschiedung der Angeklagten vor der Haftanstalt. Eineinhalb Jahre nach dem gescheiterten Unabhängigkeitsreferendum ist Kataloniens Separatistenlager tief gespalten und mit dem näher rückenden Gerichtstermin nehmen die Spannungen noch zu.

Es ist ein regelrechter Macht- und Richtungsstreit zwischen
Puigdemonts Wahl-Allianz JxCAT und Junqueras Linksrepublikanern der ERC entbrannt. So ermahnten die Linksrepublikaner den vom JxCAT gestellten Ministerpräsident Quim Torra bereits, nicht im Namen ihrer Partei zu sprechen. Man entscheide selber, ob man den Haushalt der spanischen Regierung unterstützen werde oder nicht.

Vor allem mit Blick auf die kommenden spanischen Gemeindewahlen, die parallel zu den Europawahlen am 26. Mai stattfinden, versuchen sich beide Parteien, in Stellung zu bringen. Der Konflikt wird immer offener ausgetragen, je näher der Prozess heranrückt. "Ich sah es als meine ethische Pflicht und politische Verantwortung an, in Katalonien zu bleiben und nicht zu fliehen", kritisierte der seit mehr als einem Jahr inhaftierte Junqueras diese Woche Puigdemont in einem Zeitungsinterview.

"Junqueras ist immer noch stinksauer, dass er im Gefängnis sitzt und Puigdemont damals einfach in einer Nacht- und Nebelaktion nach Belgien geflüchtet und nun das internationale Gesicht des katalanischen Unabhängigkeitskampfes ist", versichert Miquel Molina, stellvertretener Chefredakteur der katalanischen Tageszeitung "La Vanguardia".

So erteilten die Linksrepublikaner auch der von Pugidemont und Quim Torra neu gegründeten Crida-Bewegung eine klare Absage. Man werde sich nicht mehr einer parteiübergreifenden Bewegung anschließen, sondern alleine bei den Wahlen antreten.

Die ERC befürchtet, dass Puigdemont zum Protagonisten einer Gemeinschaftsfront werden könnte, während ihr eigener Spitzenkandidat Junqueras jetzt in Madrid verurteilt wird anstatt des eigentlich Hauptverantwortlichen Puigdemont, der an der Spitze der Regierungskoalition zwischen dessen Partei PDeCAT und der ERC stand.