Zum Hauptinhalt springen

Katastrophal, eiskalt und sauteuer

Von Walter Hämmerle

Politik

"FPÖ einzige soziale Österreich-Partei." | Strache droht Stadler mit Kabas-Bericht. | Absage an Regierungsbeteiligung. | "Wiener Zeitung": Die FPÖ ist seit Monaten mehr mit sich selbst beschäftigt als mit dem politischen Gegner. Vor allem in den Landesgruppen geht es drunter und drüber.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Heinz-Christian Strache: Die Fakten beweisen das Gegenteil: Unmittelbar nach der Abspaltung des BZÖ lagen wir in Umfragen bei 3, jetzt bei 14 Prozent. Es ist klar, dass die anderen Parteien mit dieser Entwicklung keine Freude haben. Die FPÖ ist die einzige soziale Österreich-Partei: Wir sagen nein zu einem EU-Beitritt der Türkei und fordern als einzige den sofortigen Verhandlungsabbruch. Wir sagen nein zu dieser EU-Verfassung und pochen auf eine Volksabstimmung. Jetzt sind wir auch die einzige Familienpartei, nachdem auch die ÖVP für eine Homo-Ehe light eintritt. Die Volkspartei will damit offenbar dem linken Zeitgeist etwas Gutes tun.

Dessen ungeachtet wird in den Ländern jeder Parteitag zu einer Zerreißprobe. Burgenland und Kärnten sind ja nur die jüngsten Beispiele.

Ein Gegenkandidat ist doch ein völlig normaler demokratischer Vorgang. In beiden Ländern gab es übrigens überwältigende Mehrheiten für die Amtsinhaber.

Auf Dauer ist Erfolg aber nur möglich, wenn auch die Strukturen in den Ländern passen. Die FPÖ steht hier vor einem Scherbenhaufen.

Das stimmt so nicht. In Oberösterreich, Wien oder Salzburg haben wir exzellente Landesgruppen, schwierig ist es lediglich in Kärnten und der Steiermark. Jetzt haben wir Schritt eins, die Rettung der Partei nach der Abspaltung, sichergestellt. Nun ist der nächste Schritt fällig: Die Strukturen und Organisation zu optimieren. Inhaltlich wird es 2008 einen Programm-Parteitag geben.

Ein weiteres Strukturproblem der FPÖ ist die fehlende personelle Breite. Alles konzentriert sich wie schon unter Jörg Haider auf die Person an der Spitze.

Seit meinem Amtsantritt habe ich auf die möglichst breite Einbindung sämtlicher Landesgruppen und Organisationen in die Entscheidungsprozesse Wert gelegt. Aber selbstverständlich lebt eine Partei stets auch von der Persönlichkeit an der Spitze. Ich habe ein breites Team mit vielen Ratgebern, aber die Letztentscheidung trage ich.

Apropos One-Man-Show: Wie ist es um Ihren Konflikt mit Ewald Stadler bestellt?

Dazu ist bereits alles gesagt worden . . .

... aber Entscheidungen stehen aus, etwa im Ringen um die Freiheitliche Akademie, wo ein Gerichtsurteil offensichtlich die Wahl des aus der FPÖ ausgetretenen Stadlers zum Präsidenten für rechtmäßig erachtet.

Das stimmt nicht. Das Gericht hat keine inhaltliche Prüfung in dieser Frage vorgenommen, sondern ausdrücklich festgehalten, dass hier zunächst ein vereinsinternes Schiedsgericht am Wort ist. Das wird demnächst einberufen und dauert erfahrungsgemäß rund ein halbes Jahr.

Bleibt Stadler Mitglied im FPÖ-Parlamentsklub?

Er IST Mitglied, alles andere steht nicht zur Debatte.

Warum hat die FPÖ den Bericht von Volksanwalt Kabas, der Stadler als Drahtzieher der Foto-Affäre rund um Ihre Person darstellt, nicht veröffentlicht?

Das haben wir intern diskutiert und ich habe die juristischen Schlüsse daraus gezogen . . .

Der Bericht wurde also doch in den Gremien diskutiert? Ursprünglich hieß es, er werde im Safe verschwinden.

Er wurde nicht in den Gremien diskutiert, aber er könnte.

Das kann man auch als Drohung an Stadler verstehen.

Diese ganze Diskussion wird nur von den Meiden am Köcheln gehalten. Faktum ist, wenn sich jemand eines parteischädigenden Verhaltens schuldig macht, muss es Konsequenzen geben. Aber bemerkenswerterweise sind interne Konflikte bei Grünen oder SPÖ nie ein Thema für die Medien, nur bei der FPÖ ist das der Fall.

Die rot-schwarze Koalition ist fast vier Monaten im Amt - Ihre Zwischenbilanz?

Katastrophal. Wir erleben die Fortsetzung des eiskalten Schüssel-Grasser-Kurses, die SPÖ hat sich vom Begriff sozial völlig verabschiedet, hinzu kommt eine enorme Teuerungswelle.

Dennoch dringen Sie mit Ihrer Kritik kaum durch. Vielleicht deshalb, weil die Regierung durch interne Streitereien auch das Geschäft der Opposition miterledigt?

Auf diesen Trick fallen nur die Medien herein, die Opposition wird mit ihrer berechtigten Kritik einfach ausgeblendet.

Was werfen Sie der neuen Regierung vor, allzu viel hat sie bis jetzt ja noch nicht gemacht?

Das Budget geht in die völlig falsche Richtung. Statt die Chance wahrzunehmen, endlich die Familien zu entlasten, holt man wieder neue Arbeitskräfte in das Land. Wir fordern schon seit 20 Jahren ein steuerliches Familiensplitting und Sozialleistungen nur für Staatsbürger.

Die FPÖ hätte die große Koalition ja verhindern können, Sie zogen jedoch den Gang in die Opposition vor.

Nein, wir hatten es nicht in der Hand, weil niemand unsere Forderungen erfüllen wollte. Solange sich die anderen Parteien nicht ändern, gibt es für die FPÖ keine Option auf eine Regierungsbeteiligung.

Mitunter hört man aber auch aus Ihrer Partei, dass die FPÖ als Protestpartei strukturell regierungsunfähig ist.

Vielleicht meinen das einige wenige. Nur: Solange ich Parteichef bin, gehen wir nicht zum Selbstzweck in eine Regierung.

Mit wem gehen Sie denn lieber auf einen Kaffee, ein Glas Bier oder Wein: Mit SPÖ-Chef Gusenbauer oder ÖVP-Obmann Molterer?

Ich habe mit beiden eine korrekte Gesprächsbasis. Im Unterschied zu Wolfgang Schüssel, mit dem ich zwei Jahre lang ein Gespräch suchte, aber nie einen Termin bekommen habe, hat sich Dr. Gusenbauer hier stets fair verhalten.

Und mit welcher der beiden großen Parteien ist die inhaltliche Schnittmenge größer?

Momentan sehe ich beide als reine Machtparteien. Natürlich gibt es mit beiden inhaltliche Überschneidungen, aber in Wirklichkeit sind SPÖ und ÖVP einander doch sehr ähnlich geworden. Beiden fehlt der Mut zu einem wirklichen Neubeginn für Österreich.

Zum Schluss die Pflichtfrage für Interviews mit FPÖ- und BZÖ-Politikern: Ist mit einer Wiedervereinigung der beiden Parteien zu rechnen?

Sie wissen, dass eine Wiedervereinigung niemals möglich sein wird. Das BZÖ ist ein Beiwagerl der ÖVP - und wir wollen nicht mit der ÖVP fusionieren.