Einer 22-Jährigen ist gelungen, was nicht einmal US-Präsident Barack Obama geschafft hat: die größte Bank Amerikas in die Knie zu zwingen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Molly Katchpole ist eine 22-jährige frischgebackene Hochschulabsolventin, die sich in Washington mit zwei Teilzeitjobs über Wasser hält. Doch wenn es um die Bank of America geht, ist sie mächtiger als Barack Obama.
Der US-Präsident hatte das größte Kreditinstitut Amerikas schwer angegriffen, weil es von einem Tag auf den anderen eine Gebühr für Bankomatkarten eingeführt hatte. Gebracht hatte das allerdings nichts. Die Bank hatte damit gerechnet, dass niemand viel Aufhebens um die fünf Dollar machen würde, die sie ihren Kunden plötzlich pro Monat in Rechnung stellte. Damit hatte die Bank of America entgangene Gewinne aus der Verrechnung von Abhebegebühren wettmachen wollen, die durch ein neues Gesetz beschränkt worden waren. Das Kreditinstitut war wohl davon ausgegangen, dass sich seine Kunden denken würden: Was sind schon (umgerechnet) 3,70 Euro? Doch bei Katchpole geriet es an die Falsche.
"Ich habe die Neuigkeiten über die Gebühr gehört und mir gedacht: Ich habe die Schnauze voll von diesen Sachen", erklärt Katchpole. Und so beschloss sie, aktiv zu werden. Auf der Internetplattform Change.org schrieb sie einen offenen Brief an die Bank, in dem sie diese aufforderte, die Gebühren zurückzunehmen: "Das amerikanische Volk hat die Bank of America aus der Finanzkrise gerettet, zu deren Entstehen die Banken beigetragen haben. Voriges Jahr haben Sie null Prozent Steuern bezahlt. Nun ist Ihre Bank wieder profitabel, mit einem Gewinn von zwei Milliarden Dollar allein im vergangenen Quartal. Wie können Sie es da rechtfertigen, noch einmal 60 Dollar pro Jahr aus Ihren Bankomatkarten-Kunden herauszupressen? Das ist verachtenswert."
Vor laufenden Kameras zerschnitt Katchpole ihre Bankomatkarte, kündigte ihr Konto und wechselte zu einer Genossenschaftsbank.
Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Innerhalb weniger Tage unterschrieben 306.000 Menschen die Petition der Jung-Akademikerin. Der Druck wurde der Bank of America schließlich zu groß. Vorige Woche machte sie einen Rückzieher und schaffte die Gebühren wieder ab.
Katchpoles Erfolg ist ein weiterer Beweis für die wachsende Macht des Internets als Protestforum. Auch wenn sie sich wohl über ihre Leistung freuen wird, so ist die 22-Jährige schon mit dem nächsten Problem konfrontiert. Die Besitzerin eines Diploms in Kunst und Geschichte der Architektur sucht nämlich einen Job, damit sie ihren Studien-Kredit zurückzahlen kann, dessen Monatsraten sich auf 200 Dollar belaufen. Vielleicht wird sie dagegen protestieren. Denn dass die Universitäten Zinsen für ihre Kredite verlangen, findet Katchpole dreist.