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Tyson ist aus Mariupol. Auf einem Foto ist er in den Armen seiner Besitzerin Elena zu sehen. Sie lenkt gerade ein Auto, auf der Flucht aus der Heimat. Tyson ist ein Kater. Er ist eines von dutzenden Tieren, die auf dem Instagram-Account "ukrainianwarcats" vorgestellt werden. Katzen, die von Soldaten und Soldatinnen gehalten werden, die es sich in schusssicheren Westen gemütlich machen, die verschreckt in Luftschutzbunkern kauern, die über Geschützreste schleichen. Oft mit erklärendem Text über die Situation im Bild, oft nur mit Durchhalteparolen und aufmunternden Nationalismen versehen. Denn auch das ist Propaganda, und die ist nicht nur einer Kriegsseite vorbehalten. Kurios und neu ist in diesem Krieg, dass sie sich auch auf vermeintlich banalen Unterebenen der Sozialen Medien abspielt. Allerdings sind diese - in dem Fall Katzenbilder - besonders stark emotional behaftet.
Das zeigte schon das Schicksal des an einem Rotweinglas lehnend berühmt gewordenen Katers Stepan, dessen Flucht aus Charkiw tausende Followern bange verfolgten. Am Mittwoch bekam der "Petfluencer" mit dem Schlafzimmerblick einen "Influencer and Blogger Award" überreicht, er war auch bei der Gala und trug eine Masche in den Farben der Ukraine um den Hals. Dass die Veranstaltung auch ein Ukraine-Benefiz war, täuscht ein wenig über ihre Absurdität hinweg. Obwohl Stepan natürlich jeder Preis gegönnt sei - hoffentlich aufgewogen in Leckerli. Die Kollegen vom "ukrainianwarcats"-Account können davon nur träumen.