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"Kauf der OeNB ist kein Thema"

Von Christine Zeiner

Wirtschaft

Bund kauft fix Bawag-ÖGB-Anteile. | Offiziell kein 100Prozent-Kauf geplant. | Wien. "Ehrlich gesagt, ist das überhaupt kein Thema". Finanzminister Karl-Heinz Grasser dementierte am Donnerstag, die Österreichische Nationalbank (OeNB) vollständig auskaufen zu wollen. Es gehe derzeit um die Anteile, die "Bawag P.S.K." und der ÖGB an der OeNB halten. Zusammen sind das 20 Prozent. Diese wird der Bund fix kaufen und in Folge 70 Prozent an der OeNB halten. Der Gesetzesvorschlag für die dafür notwendige Änderung des Nationalbankgesetzes wurde gestern im Ministerrat erstellt und anschließend im Finanzausschuss des Parlaments beschlossen.


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Am Mittwoch hieß es aus Kreisen des Finanzministeriums, der Bund wolle "mittelfristig" die Nationalbank zu 100 Prozent übernehmen. Das sei schon seit einigen Jahren geplant, die Bawag biete nun einen schlüssigen Anlass dafür. Denn die OeNB hat auch eine Prüfungsfunktion. In Auftrag der Finanzmarktaufsicht (FMA) prüfte sie ihre eigenen Eigentümer wie etwa die Bawag - "eine unschöne Optik", wie Grasser gestern meinte.

Die übrigen Anteile an der Nationalbank halten die großen Banken und Versicherungen sowie einzelne Sozialpartner. Doch auch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel meinte, ein vollständiger Anteilskauf durch den Bund sei kein Thema. "Wozu andere, gesunde Banken da hineinziehen?"

"Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Notlage von Bawag und ÖGB zu einer einseitigen Abräumaktion von der Regierung genutzt wird", meinte hingegen Werner Kogler, Budgetsprecher der Grünen. Die Grünen befürworten die Übernahme aller Anteile an der Notenbank durch den Bund. "Wir wollen eine Gleichbehandlung", sagte Kogler der "Wiener Zeitung".

"Farbenvielfalt bleibt"

Die Frage, dass die Nationalbank politisch einseitig beeinflusst werden könnte, stelle sich auch nach dem Kauf nicht, meinte Grasser. "Jeder, der den Gouverneur kennt, weiß, dass dort Profis arbeiten." Politisch werde auch weiterhin eine gewisse Farbenvielfalt gewährleistet sein, meinte der Finanzminister, und nannte als Beispiel die Arbeiterkammer. Diese hält zwar selbst keine OeNB-Anteile, wird aber durch AK-Direktor Werner Muhm im Generalrat vertreten. Dieser soll sich laut Notenbankgesetz aus Vertretern der Kreditinstitute, der Industrie, des Handels und Gewerbes, der Landwirtschaft und der Angestellten- und Arbeiterschaft zusammensetzen. Neben dem Präsident und dessen Vize sind das zwölf weitere Mitglieder. Keine Auskunft gibt das Nationalbankgesetz darüber, zu welchem Preis die Anteile weitergegeben werden dürfen - mit einer Ausnahme: Würde die Nationalbank aufgelöst, steht den Aktionäre das Nominale zu. Über den Preis müsse man erst mit Bawag und ÖGB verhandeln, sagte Grasser. "Grundsätzlich ist der Nominalwert vereinbart." Die Anteile sind allerdings weit mehr wert. Doch über diesen Punkt will Grasser nicht "spekulieren". Und der Bundeskanzler sagte im Anschluss an den Ministerrat in der Pressekonferenz : "Ich habe nicht die Absicht, mit Ihnen eine Diskussion über Nominalwert oder Buchwert zu führen."

Bawag-Generaldirektor Ewald Nowotny meinte, er gehe davon aus, dass eine "faire" Lösung gefunden werde. Seiner Ansicht nach wäre es "absurd", würde eine gesetzliche Regelung dazu führen, dass die Bank bei dem Verkauf mit Verlust aussteigen würde.