Platzhirsche aus Europa greifen nach dem Rest der Welt. | Zaghaft noch bei grenzübergreifenden Käufen innerhalb von Westeuropa. | Wien. Fressen oder gefressen werden: In kaum einer anderen Branche tobt der Darwinismus so stark wie am Telekommunikations-Sektor. Studien zufolge könnte in den nächsten fünf oder zehn Jahren die Zahl der operierenden Unternehmen weltweit auf ein halbes Dutzend reduziert werden. Besonders hart ist der Wettbewerb in dem infrastrukturell bisher gut erschlossenen Europa.
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Denn mit dem Einsetzen der Liberalisierungswelle in den 90-er Jahren und dem Erstarken einer Konkurrenz zu den bisherigen Staatsunternehmen, sind hier die Telekom-Preise im freien Fall. Parallel dazu kämpfen die meisten ehemaligen Monopolisten mit einem kostspieligen Beamtenapparat.
Wachsen, um die Bilanz auszubalancieren
Viele Konzerne versuchen nun, den Kostendruck über "ein Mengenwachstum zu kompensieren", formuliert es Wolfgang Specht, Telekom-Analyst bei Sal. Oppenheim. Die bequemste Möglichkeit der Übernahmen - das Einkaufen in Osteuropa - besteht inzwischen nicht mehr: dort wurden die Felle schon verteilt. Und die Margen sind in Osteuropa, dank der ebenfalls steigenden Konkurrenz, längst nicht mehr so hoch wie sie zu Beginn waren.
Specht macht momentan zwei vorherrschende Übernahmewellen aus: Zum einen die Konsolidierungen innerhalb eines Landes. Zum anderen die Expansion auf andere Kontinente, wo die Penetration noch nicht hoch ist. Firmen setzen hier vor allem auf Mobilfunk. Denn der Festnetz-Ausbau gestaltet sich wegen der dafür notwendigen Leitungen deutlich kostspieliger.
In Lateinamerika, Afrika und Asien werden bei der Aufteilung "sehr stark die alten Kolonialgebiete herangezogen", erklärt der Telekom-Experte. Die spanische Telefonica (die mit O2 ein europaweit erfolgreiches Mobilfunkgeschäft betreibt - etwa auch in Deutschland) hat sich beispielsweise in den vergangenen Jahren in Lateinamerika in Stellung gebracht. France Telecom, in Österreich mit dem Mobilfunker "One" vertreten, ist gut in Afrika aufgestellt. Auf dem Kontinent reden aber auch der britische Vodafone-Konzern und die Deutsche Telekom mit.
Westeuropa: Abhängig von den Staatsholdings
Zögernd wird die Übernahmeflut erst, wenn es gilt, ehemalige Staatsbetriebe aus anderen Ländern zu schlucken. "Hier spielt ja auch oft die Politik mit hinein, das gestaltet sich nicht so einfach", erklärt Specht.
In der Branche ist diesen Sommer mit Interesse der Versuch der France Telecom beobachtet worden, den finnisch-schwedischen Konzern TeliaSonera zu kaufen. Dies wäre der erste grenzüberschreitende Zusammenschluss zwischen ehemaligen westeuropäischen Telekom-Monopolisten gewesen. Doch die Franzosen winkten im Juli ab: Der geforderte Preis erschien noch zu hoch.