Progressive Ausgleichstaxe? | Buchinger: Anreize für Betriebe. | Wien. Die Wirtschaft wächst, und die Arbeitslosenstatistik bessert sich nun nicht länger allein aufgrund der Schulungen. Anders sieht dies bei Menschen mit Behinderung aus: Hier ist die Zahl Arbeitsloser im vergangenen Jahr um 1,8 Prozent auf 29.000 gestiegen.
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Das Arbeitsmarktservice (AMS) geht davon aus, dass die Entwicklung "zeitverzögert" stattfinden wird, da es Menschen mit Behinderung generell schwieriger hätten, einen Arbeitsplatz zu finden. Staatssekretärin Christine Marek verweist hingegen auf einen Effekt in der Statistik: Um von einem im vergangenen Jahr entwickelten Sonderprogramm Gebrauch machen zu können, müssten Arbeitsuchende vom AMS als behindert eingestuft werden. Üblicherweise stellt allerdings das Bundessozialamt fest, wer als "begünstigt Behinderter" gilt, der in Folge etwa einen erhöhten Kündigungsschutz genießt.
Dem Arbeitsmarkt stünden derzeit 94.000 begünstige Behinderte zur Verfügung - bei 90.000 Pflichtstellen. Ab 25 Arbeitnehmern müssen 4 Prozent begünstigt behindert sein. Doppelt zählt ein Arbeitsplatz unter anderem für Blinde und Rollstuhlfahrer. "So lange es Unternehmen möglich ist, sich zu Dumpingpreisen von der Beschäftigung behinderter Menschen freizukaufen, wird sich nichts ändern", sagt Theresia Haidlmayr, Behindertensprecherin der Grünen. Pro nicht besetzter Stelle hat der Arbeitgeber 209 Euro im Monat "Ausgleichstaxe" zu zahlen.
"Generell gesprochen sind begünstigt Behinderte weniger flexibel, mobil oder qualifiziert. Allerdings kommt es immer darauf an, wie man ein Anforderungsprofil formuliert", heißt es aus dem Sozialministerium. Ein Argument von Unternehmern lautet: "Wir finden kein passendes Personal."
Argument wird geprüft
Das Sozialministerium will nun prüfen lassen, "inwieweit dieses Argument vorgeschoben" sei, sagt Sozialminister Erwin Buchinger. Er könne sich ein progressives System bei den Ausgleichstaxen vorstellen: Je weniger die Quote erfüllt wird, umso höher würden die Kosten. Umgekehrt solle es Anreize für Betriebe geben. Bund und Länder sollten mit gutem Beispiel vorangehen, meint Buchinger. Das Sozialministerium tue das bereits - "das ist aber nicht mein Verdienst."
Bei den Ländern würden Oberösterreich, die Steiermark und Kärnten ihr Soll ganz erfüllen; schlecht schaue es in Niederösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg aus: Die Quote liege hier unter 50 Prozent. Salzburg? "Ja", sagt der frühere Soziallandesrat, "auf diese Frage habe ich gewartet." In seiner Amtszeit sei er der Quote "Jahr für Jahr" näher gekommen. "Und eine schrittweise Erhöhung erwarte ich weiterhin."