Verpflichtendes Register erscheint unwahrscheinlich. | Gemeinsames EU-Verzeichnis ab Juni geplant. | Brüssel. Nach der Korruptionsaffäre um den ehemaligen ÖVP-Delegationsleiter Ernst Strasser hat es auch in Brüssel wieder Rufe nach einem verpflichtenden Register für Lobbyisten gegeben. Die beiden österreichischen EU-Abgeordneten Evelyn Regner von der SPÖ und Ulrike Lunacek von den Grünen waren ebenso dafür wie die Transparenzplattform Alter-EU.
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In der Kommission wird ihrem Ansinnen aber nicht allzu viel Chance gegeben. Denn die Verhandlungen über ein gemeinsames nicht verpflichtendes Register mit dem EU-Parlament seien bereits weit gediehen, sagte der Sprecher des zuständigen Verwaltungskommissars Maros Sefcovic. Die Etablierung solle im Mai verabschiedet und im Juni umgesetzt werden.
Die eingetragenen Interessenvertreter verpflichten sich zu einem Verhaltenskodex, der ihnen etwa vorschreibt, sich selbst und ihre Auftraggeber immer wahrheitsgetreu zu identifizieren und keinen Druck auf EU-Bedienstete und -Politiker auszuüben - darunter fiele auch Bestechung. Für ein verpflichtendes Register gebe es jedoch keine rechtliche Grundlage, die Schaffung einer solchen würde Jahre dauern, meinte Sefcovic Sprecher.
"Kein Instrumentgegen Korruption"
Auch sei das Register "kein Instrument, um Korruption zu bekämpfen. Denn Lobbying ist nicht schlecht oder ein Problem." Im Gesetzgebungsverfahren müssten betroffene Branchen, Experten und die Öffentlichkeit um ihre Meinungen gebeten werden und ihre Interessen kundtun können. Ein Problem seien bloß "unangemessenes Lobbying" und Korruption. Dagegen sollten die Dienstvorschriften des EU-Personals, Verhaltenskodizes für Kommissare und EU-Mandatare und letztlich auch das Strafrecht der Mitgliedsstaaten wirken. Korruption in den EU-Institutionen werde zudem von der EU-Antibetrugsbehörde Olaf geahndet. Die darf ohne Zustimmung der österreichischen Ermittlungsbehörden aber die Büros von Strasser im EU-Parlament nicht einmal durchsuchen. Unterdessen hat allerdings in Österreich eine Hausdurchsuchung im Hause Strasser stattgefunden. Näheres gab es von der Staatsanwaltschaft dazu aber nicht.
Die Skandale zeigten sehr wohl, dass ein "hochqualitatives, verpflichtendes Transparenzregister" nötig sei, sagt Erik Wesselius von Alter-EU. Wenn Lobbyisten ihre Aktivitäten deklarieren müssten, wäre ein Missbrauch des Systems einfacher festzustellen." Lunacek will einen "legalen Fußabdruck" für EU-Gesetze. Jeder Beitrag eines Lobbyisten müsse öffentlich einsehbar sein.
Derzeit betreiben die beiden Institutionen separate Register. In jenem der Kommission haben sich bis Dienstag knapp 3800 Agenturen, Wirtschafts- und Branchenverbände, Firmen, Think-Tanks und NGOs eingetragen. Die Eintragung ist freiwillig, hat sich nach Ansicht der Kommission aber etabliert. Probleme gibt es noch mit der Erfassung von Rechtsanwaltskanzleien, die auch Lobbying anbieten.
Im Verzeichnis des Parlaments haben sich bisher 4400 Einzellobbyisten registriert, die im Gegenzug Zutrittskarten für die Parlamentsgebäude erhalten.