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Kaum jemand gibt Gas mit Gas

Von Helmut Dité

Politik
Rallye-Ass Manfred Stohl ist mit seinem Erdgas-Mitsubishi schon in die Spitzengruppe seines Sports vorgefahren. In den Köpfen der Autokäufer sind die Gas-Vorteile noch nicht angekommen.
© sportpressedienst

Rekordpreise für Sprit lassen Erdgasversorger in Wien hoffen.


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Wien. "Der doch nötige Ruck in den Köpfen der Autokäufer setzt leider nur zögernd ein", räumt man bei Österreichs größtem Gasnetzbetreiber Wien Energie ein: Obwohl auf dem Papier alles von Umweltfreundlichkeit bis Kostenersparnis dafür spricht, ein Erdgasauto zu fahren, dümpeln die Zulassungszahlen auch heuer am Rande der statistischen Wahrnehmungsgrenze dahin: Ganze 552 Erdgasfahrzeuge wurden in den ersten drei Quartalen 2012 österreichweit neu zugelassen, die meisten davon in Wien.

Das ist - immerhin - ein Plus von 14 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2011 für "den Treibstoff der Zukunft", meint Roland Chvatal, Vorsitzender der Geschäftsführung von Wien Energie Gasnetz. "Mit den Rekordpreisen für Sprit wird in Zukunft bei noch mehr Benzin- und Dieselfahrern die Schmerzgrenze erreicht. Wer zum günstigeren und sparsameren Kraftstoff Erdgas wechselt, spart im Vergleich zu Benzin oder Diesel bis zu 50 Prozent der Tankkosten." Denn dazu, dass ein Kilogramm des Kraftstoffs Erdgas an der Zapfsäule konstant rund ein Drittel weniger als ein Liter Benzin oder Diesel kostet, kommt noch ein weiterer Effekt: In einem Kilogramm Erdgas steckt der Energiegehalt von 1,5 Litern Benzin oder 1,3 Litern Diesel. Das heißt: Mit weniger Kilos im Tank lassen sich mehr Kilometer zurücklegen.

Dazu kommen Förderungen - die Stadt Wien etwa setzt die Ankaufsförderung von 1000 Euro für Private und 3000 Euro für Taxis auch 2013 fort - und große Vorteile beim Schadstoffausstoß. Schon wenn nur "normales" fossiles Erdgas eingesetzt wird, sinkt der CO2-Ausstoß gegenüber Autos mit Flüssigkraftstoffen um gut ein Viertel. Mischt man Biogas dazu - aus Abfällen oder Ökostrom erzeugtes Methan - dann steigt der CO2-Vorteil auf über 80 Prozent. Da schlägt man dann sogar E-Autos, die nicht mit ausschließlich aus erneuerbaren Quellen stammendem Strom unterwegs sind - bei den Kosten und der Reichweite können die ohnehin nicht mithalten.

Per Ende September liefen auf Österreichs Straßen - inklusive der Nutzfahrzeuge - erst knapp mehr als 7000 Fahrzeuge mit Erdgas - gegenüber 2,56 Millionen mit Dieselmotoren.

Klimaziel leichter erreichbar

Auch in Deutschland ist der lang erwartete Run auf Erdgasautos bisher ausgeblieben, obwohl dort schon 2010 eine Studie des renommierten CAR-Instituts der Universität Duisburg-Essen Autos mit CNG-Antrieb - Compressed Natural Gas, unter Druck komprimiertes Methan - "deutliche Vorteile für den Übergang zum klimaverträglicheren Straßenverkehr" konstatierte. Die EU-Klimaziele von 2020 - Neuwagen sollen dann im Schnitt nicht mehr als 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen - könnten schon 2015 erreicht werden, forcierte man Erdgasautos. Es gibt keine andere Technologie, die uns "über Nacht" mit so geringen Kosten die klimaschädlichen CO2-Emissionen in unseren Fahrzeugen reduzieren lässt, resümmierte Professor Ferdinand Dudenhöffer. Und er rüffelte zögernde Politiker: "So paradox es klingt, strengere Emissionsvorgaben würden helfen, Erdgas stärker zu verbreiten und damit schneller und kostengünstiger die Klimaziele zu erreichen."

Dass Erdgasautos bisher immer noch ein Minderheitenprogramm geblieben sind, hängt wohl auch mit dem eher überschaubaren Modellangebot zusammen; auch das Tankstellennetz mit mehr als 170 öffentlichen Zapfanlagen ist in Österreich zwar flächendeckend - aber eben auch überschaubar.

Das Modellangebot allerdings wird derzeit von mehreren Herstellern rasant ausgeweitet: Fiat etwa bringt den neuen Panda, Mercedes das neue B-Modell. Europas größter Autobauer Volkswagen will seine neuen Fahrzeug-Plattformen für eine Modelloffensive auch bei Erdgasautos nutzen: Zum Passat und Touran mit Erdgasantrieb kommt der neue Kleinwagen Eco-Up mit einem Dreizylinder-Motor, der mit nur mehr 79g CO2 eines der saubersten Triebwerke weltweit sein wird. Im Herbst 2013 kommt auch der Bestseller Golf als CNG-Modell, ebenso der Audi A3. Audi baut dabei auch eine ganz neue eigene Biogas-Produktion auf. Erdgasantriebe müssten "die normalste Sache der Welt" werden, betont VW-Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg.