Vorarlberg zeigt vor, dass sich mit einem Euro pro Tag auch Talschaften erschließen lassen. In anderen Bundesländern ist der öffentliche Verkehr in ländlichen Gebieten oft unattraktiv.
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Zugegeben: Im 2.600 Quadratkilometer großen Vorarlberg lebt ein großer Teil der Bevölkerung im Rheintal. Wer aber in einem kleineren Ort im einer Talschaft wohnt, kann trotzdem stündlich, teils sogar halbstündlich mit dem Bus um knapp mehr als einem Euro in jeden anderen Ort in Vorarlberg fahren.
Es ist ein öffentliches Verkehrsnetz, von dem viele in bevölkerungsarmen Regionen anderer Bundesländer nur träumen können. Im nördlichen Weinviertel braucht man aus manchem Ort in die nächste Stadt mit dem Bus zwar nur doppelt so lange mit dem Auto. Er fährt in Ferienzeiten allerdings nur alle eineinviertel bis zwei Stunden, hin zum letzten Mal um 18:30, zurück um 19:20, wie der VOR-Routenplaner besagt.
Um den öffentlichen Verkehr so attraktiv wie in Vorarlberg zu machen, gibt es allerdings nicht nur in Niederösterreich, sondern auch in Oberösterreich, Tirol, Salzburg und Kärnten noch einiges zu tun.
Vorarlberger Weg
Anfang 2014 führte Vorarlberg ein Jahresticket um 365 Euro für den öffentlichen Verkehr im ganzen Bundesland ein. Die aktuell 385 Euro werden ab 26. Oktober bei Einführung des österreichischen Klimatickets wieder auf 355 Euro zurückgefahren. "Im Sinne eines Treuerabatts und für Neukunden, befristet auf ein Jahr", sagt der für den öffentlichen Verkehr zuständige Landeshauptmannstellvertreter Johannes Rauch (Grüne) im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Von 30.000 beim Start stieg die Anzahl jener mit Bundesland-Ticket auf 73.000. Corona-Lockdown-bedingt waren es 2020 dann 70.600. Für Rauch ist das der Beweis, dass dem Angebot die Nachfrage folgte.
Von den knappen 140 Millionen Euro, die der öffentliche Verkehr in Vorarlberg insgesamt kostete, trug 27 Prozent der Bund, 19 Prozent kamen aus dem Ticketverkauf, der Rest wurde vom Land, Gemeinden und Freifahrt-Aktionen finanziert.
Dass Busverbindungen mit so hoher Taktung im Bregenzerwald oder Klostertal unter rein ökonomischen Gesichtspunkten nicht effizient sind, weiß Rauch. Warum man sie trotzdem finanziert? "Weil wir auf ein Ausgleichssystem setzen und eine Solidargemeinschaft sind", sagt Rauch. Die 4,4 Millionen Euro, die Vorarlberg nun im Rahmen des österreichweiten Klimatickets vom Bund erhält, "brauche ich nicht zur Abstützung des Tarifs, den haben wir ja schon budgetiert. Wir investieren ein noch besseres Angebot bei Bussen am Abend und am Morgen für Pendler."
Probleme ländlicher Regionen
In Salzburg, wo es das Bundeslandticket seit 2020 um 595 Euro jährlich gibt, sieht es anders aus. Die Tarifreduktion von vormals 1.539 Euro für gesamt Salzburg kostet das Land zehn Millionen Euro jährlich. Das Bundesgeld für das österreichweite Klimaticket, 7,2 Millionen Euro für Salzburg, wird laut Auskunft aus dem Büro von Verkehrslandesrat Stefan Schnöll (ÖVP) für die Abgeltung künftig fehlender Einnahmen aus dem Landesticket benötigt, "weil einige das große Klimaticket nehmen werden". Selbst wenn nach den Verhandlungen mit dem Bund sechs der kolportierten 100 Millionen Euro an Salzburg für das Klimalandesticket fließen, sei ein Preisnachlass "zwar möglich", insbesondere auf Strecken in ländlichen Gebieten Salzburgs müsse man aber "langfristig die Taktung drastisch erhöhen, damit es überhaupt keine Überlegung mehr gibt, dass ich den Bus statt dem Auto nutze", lässt Schnöll der "Wiener Zeitung" wissen. Ziel am Land sind ein Bus jede Stunde, in Salzburg-Stadt alle 7,5 Minuten. 45 Millionen Euro fließen bereits in den öffentlichen Verkehr, das wolle man "in den nächsten Jahren" verdoppeln.
In Tirol, wo um 509,40 Euro seit 2017 das ganze Land öffentlich befahren kann, führt man derzeit Verhandlungen mit dem Bund über den Regionalverkehr: "Ziel ist ein weiterer Ausbau zu einem fairen Preis", heißt es aus dem Büro von Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne). Diese selbst verweist auf "eine Entlastung der Geldtaschen, der Straßen und der Tiroler Luft" durch die Tarifreform 2017. Eine Pendler-Familie aus dem Tiroler Unterland mit zwei pendelnden Eltern und einem nach Innsbruck pendelnden Kind sparte sich bis zu 1.000 Euro im Jahr."
Noch keine Flächentickets
In Oberösterreich gibt es das Landesticket inklusive der Kernzonen Linz, Wels und Steyr um 695 Euro jährlich ab dem 26. Oktober. Günstiger ging es nicht. Grund sei "die Größe des Bundeslands", hieß es am Mittwoch vonseiten des Landes. Von den 29,7 Millionen Euro zahle Oberösterreich bereits 13 Millionen. Man erwartet sich 10.000 Österreich-Klimatickets, weitere 26.000 Landestickets.
In Kärnten und der Steiermark muss man auf Landestickets überhaupt noch warten. Aus dem Büro des steirischen Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Lang (SPÖ) heißt es, man habe in Graz bereits eine Absichtserklärung unterzeichnet - und: "Neben dem weiteren Ausbau unserer Öffis sind attraktive Preise ein wichtiges Instrument, um noch mehr Menschen zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu bewegen." Der künftige Preis werde noch verhandelt, und: "Wir arbeiten derzeit mit Hochdruck an der rechtlichen und technischen Umsetzung."
Ähnlich in Kärnten, wo Landesrat Sebastian Schuschnig (ÖVP) für den Verkehr zuständig ist: Man verhandle noch mit dem Bund, heißt es aus dessen Büro. Ein 365- Euro-Klimalandesticket würde für Kärnten 15 bis 20 Millionen Euro pro Jahr kosten: "Da haben wir noch nicht von Erweiterungen des Streckennetzes gesprochen." Schuschnig selbst lässt der "Wiener Zeitung" ausrichten: "Aber das beste Ticket nützt nichts, wenn die Menschen es nicht nutzen können, weil das Angebot nicht da ist. Wenn nur zweimal am Tag ein Bus fährt, bringt das beste Ticket nichts. Es braucht dafür mehr Mittel vom Klimaministerium für die Länder. Es darf nicht dazu kommen, dass nur Ballungsräume etwas davon haben."
Niederösterreich ist noch nicht beim österreichischen Klimaticket dabei, die "Wiener Zeitung" berichtete. Das Landesticket muss ebenfalls noch mit dem Verkehrsverbund Region-Ost (VOR) verhandelt werden. Dieser verweist auf 144 Millionen Euro 2020, die das Land für den öffentlichen Verkehr ausgegeben habe. "Wir erschließen damit insbesondere die letzte Meile, mit E-Car-Sharing, Leihrädern und Anruf-Sammeltaxis", heißt es vonseiten des VOR. In der erwähnten Stadt im nördlichen Weinviertel gibt es das aber alles noch nicht. Beim VOR stellt man die Frage nach dem Bedarf und sagt - anders als Rauch: "Es gibt Bahnhöfe, wo die Nachfrage trotz Angebots nicht nachzieht."