Krankenanstaltenverbund wird Anstalt öffentlichen Rechts und soll mehr Verantwortung übernehmen.
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Wien. Bis knapp vor der Pressekonferenz wurde von den rot-grünen Verhandlern an den Begrifflichkeiten gefeilt, wurden noch einmal schnell Textänderungen vorgenommen, bevor sie der Öffentlichkeit präsentiert wurde: die Strukturreform des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV). "Der KAV wird ab Jänner 2019 zu einer Anstalt öffentlichen Rechts umgewandelt." Und an der Ausschreibung für den neuen Generaldirektor werde gerade gearbeitet, erklärte Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger am Donnerstag gemeinsam mit der grünen Gesundheitssprecherin Birgit Meinhard-Schiebel und dem Chef der Gewerkschaft Younion, Christian Meidlinger.
Statt unklarer Strukturen solle in Zukunft die Verantwortung dort liegen, wo sie wirke - und das "Labyrinth" durch eine stabile Verbindung ersetzt werden, "mit einer klar definierten Entscheidungsstruktur", sagte Frauenberger. Konkret heißt das: Der KAV erhält künftig einen Vorstand sowie einen Aufsichtsrat (momentan gibt es ein Direktoren-Gremium). Der Aufsichtsrat soll zu zwei Dritteln mit Eigentümervertretern und zu einem Drittel mit Personalvertretern und Experten besetzt werden. Die politische Kontrolle bleibe damit durch den Aufsichtsrat erhalten, sie die Stadträtin. Und auch die Opposition soll ihre Kontrollrechte behalten: "Das wird durch das Interpellationsrecht im Gemeinderat garantiert, das selbstverständlich auch den Jahresabschluss umfasst", hieß es am Donnerstag.
Künftige Personalhoheit
Die wesentlichste Änderung ist allerdings, dass die Personalhoheit künftig beim KAV liegt - momentan ist diese in der Magistratsdirektion angesiedelt. Das heißt, derzeit kann der Generaldirektor formalrechtlich nicht einmal einen Portier anstellen, ohne sich an die Magistratdirektion zu wenden. In Zukunft hat er aber das Recht, Anstellungen, Beförderungen oder auch Kündigungen selbst durchzuführen. Wobei alle Beschäftigten des KAV weiterhin Gemeindebedienstete bleiben, wie Meidlinger betonte. "Und alle bisherigen Vereinbarung werden in das neue System mitgenommen", versicherte der Gewerkschafter. Die Pensionslasten trägt im Übrigen weiterhin die Stadt.
Die zweite wesentliche Änderung ist, dass der KAV künftig die Finanzhoheit durch eine mindestens fünfjährige Zuschussvereinbarung erhält. Weiters besteht die Verpflichtung zum Abschluss von wiederkehrenden Zuschussvereinbarungen.
Eine Privatisierung bleibt weiterhin ausgeschlossen, versicherte Frauenberger. Der "neue KAV" soll vor Privatisierungen mit einer im Landtag hierfür notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit geschützt werden, wurde betont.
Flexibler und wendiger
Frauenberger verspricht sich von der neuen Organisationsform unter anderem die Freisetzung von Ressourcen. Vor allem die selbständige Personalverantwortung würde den Krankenanstaltenverbund flexibler und wendiger machen. Als Beispiel nannte Frauenberger etwa die Ambulanzen: "Vor Ort wissen die Verantwortlichen am besten, wo etwas benötigt wird." So könne man etwa rascher auf lange Wartezeiten reagieren und schneller entsprechende Maßnahmen setzen.
Allerdings gehe das alles nicht von heute auf morgen, handle es sich doch um eine tiefgreifende Strukturveränderung, in die noch zusätzlich die Besoldungsreform sowie auch das Spitalskonzept eingearbeitet werden müssten. So seien nach wie vor viele offene Punkte noch auszuverhandeln - wie etwa Service- und leistungsorientierte Vereinbarungen zwischen der Anstalt öffentlichen Rechts und dem Magistrat betreffend Lohnverrechnung und Buchhaltung.
"Von der Toilette bis zum ORF"
Tatsächlich handelt es sich bei dem am Donnerstag präsentierten Konzept um eine Grundsatzerklärung der rot-grünen Stadtregierung, die in den folgenden Monaten erst in all ihren Details und Facetten umgesetzt werden muss. Insider rechnen mit einer Umstrukturierungsphase von mindestens einem Jahr - nach dem Start der neuen Organisationsform. "Derzeit kann eine Anstalt öffentlichen Rechts alles bedeuten - von der öffentlichen Toilette am Kardinal-Nagl-Platz bis zum ORF", heißt es. Demnach hätte es auch gereicht, die Kompetenzen des Magistrats an die Generaldirektion des KAV zu übertragen. "Aber vielleicht nennt man das Ganze lieber Anstalt öffentlichen Rechts, damit am Ende dann keiner schuld ist, wenn es nicht funktioniert", meint ein Kritiker.
Allerdings könnten die Karten wieder neu gemischt werden, noch ehe die "Anstalt öffentlichen Rechts" startet und ein neuer Generaldirektor bestellt ist - im Jahr 2019. Schließlich hat Bürgermeister Michael Häupl angekündigt, sich nach der Nationalratswahl im Herbst zurückzuziehen. Und ob die Gesundheitsstadträtin unter seinem Nachfolger oder seiner Nachfolgerin noch immer Sandra Frauenberger heißen wird, kann heute niemand sagen.