Die "Interessengemeinschaft (IG) Externer LektorInnen und Freier WissenschafterInnen" tritt angesichts der geplanten Strukturveränderungen an den heimischen Universitäten mit ihren Forderungen an die Öffentlichkeit. An einzelnen Unis decken sie bereits die Hälfte der Lehre ab, dafür haben sie aber praktisch keine Mitspracherechte und unsichere Arbeitsverhältnisse. Das belegt nun auch die im Auftrag des Wissenschaftsministeriums durchgeführte Studie "Zwischen Autonomie und Ausgrenzung - Zur Bedeutung Externer Lehre und Freier Wissenschaft an österreichischen Universitäten und Hochschulen". Die Freien Lektoren fordern u.a. eine organisationsrechtliche, sozialpartnerschaftlich anerkannte Vertretung sowie die Einrichtung eines "WissenschafterInnenhauses".
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Freie Lektoren sind typisch freiberuflich tätige Menschen. Sie haben kein geregeltes Einkommen und müssen sich selbst sozial versichern. Das weiß man sicher. Unsicher ist jedoch, aus wieviel Personen diese Gruppe von Erwerbstätigen tatsächlich besteht. Der Hochschulbericht 1999 des Wissenschaftsministeriums führt 9.000 Externe Lektoren an - auf Grund der Anzahl der Lehraufträge. Doppelzählungen von Personen etwa sind in dieser Anzahl ebenfalls enthalten, eine genaue statistische Erfassung sei nicht möglich, heißt es im Hochschulbericht.
An der Technischen Universität Wien decken die Externen Lektoren mittlerweile mehr als die Hälfte der Lehre ab, an der Human- und Sozialwissenschaftlichen (ehemaligen "Gruwi-") Fakultät rund 43 Prozent. Durchschnittlich liegt ihr Anteil an den verschiedenen Universitäten bei 17 Prozent. "Historisch gewachsen" sei die Personengruppe nämlich aus zwei Gründen, so die IG Externe Lektoren: Einerseits wollte man externe Fachleute in den Uni-Betrieb holen, andererseits mussten die Unis auf "Externe" zurückgreifen, um überhaupt das Lehrveranstaltungsangebot abdecken zu können. Der Haken an der Sache: Für das Lehrpersonal von extern gibt es keinen eigenen Budgetposten. Während das institutseigene Personal aus der "Unterteilung UT 0" bezahlt wird, finanzieren die Uni-Institute ihre Externen Lektoren aus der "UT 7". Diese ist für Sachmittel und Lehre vorgesehen.
Im Zuge des Sparkurses werden sich die Institute "Externe" nicht mehr leisten können, formulieren die betroffenen Lektoren in der IG ihre Besorgnis. Den Sparkurs gebe es bereits seit 1996. Damals hat sich auch die IG formiert.
Die Lehraufträge würden verstärkt intern vergeben werden, so dass die Externen Lektoren leer ausgehen würden. Das käme die Institute billiger. Aber: "Das bedeutet eine Einschränkung für die Vielfalt der Lehre", meint der Sozialwissenschafter Günter Hefler. Die innovativen Aspekte würden dann hinaus fallen.
Der Arbeitsmarkt für Wissenschafter ist in Österreich klein. Experten werden oft an bestimmten Instiuten "groß gezogen". Da der Bund keine Planstellen mehr vergibt, entsteht für die Freien Lektoren ein "Stau". Ein Lehrauftrag (zwei Stunden pro Woche) bringt ihnen rund 4.200 Schilling netto monatlich. Sich die notwendigen Ressourcen für die Lebenserhaltungskosten zu beschaffen sind sie also gewohnt. "Irgendwie finanzieren" sie sich schon durch Nebentätigkeiten.
Ob die volle Rechtsfähigkeit der Unis ihre Situation verbessern werde? "Dass man sich mit Leistung etwas verdienen kann, ist nicht in Sicht", gibt sich Hefler pessimistisch. Derzeit habe etwa eine negative Evaluierung praktisch keine Auswirkung für institutsinterne Lektoren, sehr wohl aber für Externe.
Als "janusköpfig" bezeichnet die Ethnologin Sabine Strasser die Situation: Nachdem Externe Lektoren sieben bis zehn Jahre in der Forschung tätig sind, ist ein abgesichertes, stabiles Arbeitsverhältnis um den Preis, sich als Assistent einem Institutsprofessor unterwerfen zu müssen, für viele nur schwer vorstellbar.
"An-Instituten" und
"Wissenschafterhaus"
"An-Institute" nach deutschem Vorbild könnten sich die Externen Lektoren als eine Lösung des Problems vorstellen. Das sind wissenschaftliche Projekte, die lose eigenständigen Instituten angegliedert sind. Die IG fordert weiters mehr Mitspracherechte, ein Vertretungsrecht an den Unis sowie die Einrichtung eines "WissenschafterInnenhauses als Ort der Vernetzung und Integration". Der Informationsaustausch könnte so erleichtert werden (informelle Kontakte sind nicht nur für Forschungsprojekte unabdingbar). Insgesamt müssten aber die "feudalen Universitätsstrukturen" aufgebrochen werden", fordert der Vizerektor für Lehre der Uni Wien, Artur Mittringer. "Das geht nur über einen Generationensprung. Ob und wie wir´s daheben werden, hängt von den künftigen Rahmenbedingungen ab."