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Kei Nishikori ist kein Samurai

Von Christoph Rella

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Rekordhalter gibt es in Japan schon lange. Im Reissacktragen zum Beispiel. Wer mehr stemmen konnte als alle anderen, wurde von Mönchen auf an Kloster- und Tempelmauern befestigten Rekordlisten verewigt. Und das, bevor man in Europa den Begriff Rekord überhaupt kannte. Nun kommt mit dem Tennisprofi Kei Nishikori, der am Donnerstag bei den US Open als erster Japaner den Einzug in ein Grand-Slam-Halbfinale geschafft hat, ein weiterer Rekordhalter dazu. Die Welt staunt - und applaudiert.

Diese Reaktion kommt nicht von ungefähr, galt doch das asiatische Kaiserreich seit jeher nicht unbedingt als große Sportnation. Und es mag immer noch Leute geben, die in ihrer Vorstellung zum "Sport in Japan" immer noch das romantisch-kitschige Bild schwertschwingender Samurai, Salz werfender Sumo-Ringer, fassadenkletternder Ninjas oder blitzschneller Karate-Kids vor sich haben. Allein, der Realität entspricht dieses Bild schon lang nicht mehr. Und Kei Nishikori steht hier vorläufig am Ende einer durchaus erfolgreichen Evolution des Sports auf der Insel.

Man denke an den Skispringer und Olympiasieger Kazuyoshi Funaki, den Top-Fußballer Shinji Kagawa (Borussia Dortmund) und die Eiskunstlauf-Weltmeisterin Shizuka Arakawa. Nicht zu vergessen die Leistungen der (National-)Mannschaft im Fußball (vierfacher Asienmeister), im Softball (Olympia-Gold 2008) oder in der nordischen Kombination (WM-Gold 2009). Auf dem ewigen Medaillenspiegel für Olympia liegt Nippon mit 444 Trophäen (davon 140 Goldmedaillen) auf dem 13. Platz, immerhin einen Rang vor Kanada.

Dass mit Kei Nishikori nun auch ein Japaner im Tennis reüssiert, passt da nur zu gut ins Bild. Er wird die US Open vielleicht nicht gewinnen, aber er ist vorn dabei und zeigt auch am Hartplatz für Japan Flagge. Wir werden sie noch öfter zu sehen bekommen.