Die Auswirkungen durch den Handelskrieg mit den USA dürften sich in Grenzen halten.
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Die USA scheinen einen Handelskrieg gegen den Rest der Welt führen zu wollen. Obgleich einige Länder Gegenmaßnahmen ergreifen, ist davon auszugehen, dass die meisten keinen protektionistischen Tendenzen nachgeben werden. Zwar könnte der Welthandel beeinträchtigt werden, die Folgewirkungen für das Weltwirtschaftswachstum dürften jedoch gering ausfallen. Daher ist nicht mit einem Rückgang der globalen Gesamtnachfrage nach Rohstoffen infolge der protektionistischen Politik der USA zu rechnen. Vielmehr dürfte es zu starken Störungen der Lieferketten und zu einem Anstieg der Rohstoffpreise infolge der zunehmenden Angebotsengpässe an den Zielmärkten kommen.
Im März 2018 kündigte die US-Regierung Zölle auf chinesische Importe im Wert von 50 Milliarden Dollar an und führte kurz darauf unter dem Vorwand von Bedenken hinsichtlich der nationalen Sicherheit weltweite Zölle auf Stahl- und Aluminiumeinfuhren ein. Die USA leiteten eine nationale Sicherheitsuntersuchung zu Pkw- und Lkw-Importen ein, die ähnliche Zölle im Automobilbereich zur Folge haben könnte. An den Rohstoffmärkten gaben die Preise daraufhin zunächst reflexartig nach. Nach einer genaueren Betrachtung legten die Preise angesichts der zu erwartenden Störung der Lieferketten aber wieder zu.
Welthandel leidet mehr als globales BIP
Nachdem die Zölle auf chinesische Waren im Juni bestätigt worden waren (es dauerte einige Zeit, zu bestimmen, welche Güter betroffen sind), fielen die Preise erneut. Unseres Erachtens bilden die Rohstoffpreise ihre Entwicklung aus dem März nach. Die Preise werden dabei eher von der Stimmung als von den Fundamentaldaten bestimmt. Im Gegensatz zu vergleichsweise überschaubaren Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum, zeichnen sich bei den Lieferketten deutlich größere Störungen ab. Wie auch im April ist demnächst mit einer potenziellen Erholung der Preise zu rechnen.
Wir bedienen uns zu Illustrationszwecken einiger von Bloomberg formulierter Szenarien. Darin wird anstelle der Beschreibung spezifischer bilateraler Mikrozölle davon ausgegangen, dass die USA Zölle in Höhe von 10 Prozent auf alle Importe aus allen Ländern erheben, die im Gegenzug ihrerseits Vergeltungszölle einführen. Während der globale Handel im Vergleich zu einem Basisszenario (ohne Zölle) in diesem Beispiel bis 2021 insgesamt um mehr als 7 Prozent nachgeben würde, beliefe sich der kumulative Rückgang des globalen BIP in diesem Zeitraum auf unter 1 Prozent.
Zur Klarstellung sei erwähnt, dass die bisher angekündigten Maßnahmen keinen umfassenden Zöllen von 10 Prozent entsprechen und ihre Folgen beinahe vernachlässigbar sind. Das chinesische BIP - das Ziel eines Großteils der US-Politik - dürfte selbst bei einem höheren Zollsatz von 45 Prozent bis 2021 insgesamt weniger als 1 Prozent einbüßen.
Teurere Metalle,billigere Agrarrohstoffe
Da sich die Schäden an der globalen Wirtschaftsleistung in Grenzen halten dürften, empfiehlt sich ein Blick auf die Lieferketten: Die USA sind in hohem Maße von Importen zahlreicher Basismetalle abhängig. Verarbeitende Unternehmen in den USA werden entweder höhere Preise für Einfuhren bezahlen oder inländische Zulieferer für diese Metalle finden müssen.
Aluminium ist ein gutes Beispiel dafür: Zwar deuten die Gesamtzahlen darauf hin, dass die USA nur 37 Prozent ihrer Produktionskapazitäten bei Aluminium nutzen (und somit theoretisch die Produktion steigern könnten). Das Land hat jedoch keine Bauxitminen (der Hauptbestandteil in der Aluminiumherstellung) und muss fast den gesamten Bedarf importieren. Für Länder, die Gegenmaßnahmen planen, ist dieser Schwachpunkt klar ersichtlich.
Es ist davon auszugehen, dass es bei zahlreichen gehandelten Rohstoffen zu Angebotsstörungen kommen wird. Daher ist bei den meisten Metallen mit Preisanstiegen zu rechnen. Anders ist es bei zahlreichen Agrarrohstoffe (zumindest jenen, die an US-Börsen gehandelt werden).
Eine Möglichkeit für Vergeltungsmaßnahmen gegen die USA sind Zölle auf Agrarexporte. Dies hätte höhere Kosten oder eine Angebotsverknappung in Importländern wie China oder Mexiko zur Folge, könnte aber die Preise in den USA sinken lassen, wo die meisten der liquiden internationalen Terminkontrakte bestehen. Es lassen sich bereits Preisunterschiede zwischen dem Chicago Board of Trade (der weltältesten Terminbörse) in den USA und der Dalian Commodity Exchange in China erkennen.
Insgesamt dürfte also der sich anbahnende Handelskrieg zu Preisanstiegen bei den international gehandelten Terminkontrakten für Metalle führen, da die Störungen der Lieferketten die negativen Folgen für das Wirtschaftswachstum überwiegen. Umgekehrt dürften angesichts der Tatsache, dass die USA ein wesentlicher Exporteur landwirtschaftlicher Erzeugnisse sind und die großen, internationalen und liquiden Terminkontrakte in den USA gehandelt werden, etwaige Vergeltungsmaßnahmen im Zuge des Handelskrieges die Preise im Landwirtschaftssektor drücken.
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