Bei der ÖH-Wahl zeichnet sich geringe Wahlbeteiligung ab - was das Comeback der Direktwahl für das Ergebnis bedeutet.
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Wien.Diese ÖH lässt sich immer etwas Neues einfallen. Das sagte Armin Wolf bei der von ihm moderierten Elefantenrunde in Anspielung darauf, dass diese von der sonst so aufs Gendern bedachte HochschülerInnenschaft (ÖH) bisher als ElefantInnenrunde tituliert wurde. Neu ist auch ein Wahladministrationssystem, das Einblicke in die Wahlbeteiligung während der Wahl erlaubt: Am Tag zwei der dreitägigen Wahl haben bundesweit erst 14 Prozent der Studenten ihre Stimme abgegeben.
Aus für Sowjet-Wahlsystem
An der Uni Wien waren es elf Prozent, an der Uni Graz 15 Prozent. an der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien 20 Prozent. Lag das an den McDonald’s-Gutscheinen, mit der die ÖH-WU brave Wähler beim Verlassen des Wahllokales belohnte? Hungrig blieben Studierende während der ÖH-Wahl, die heute zu Ende geht, jedenfalls nicht: Am Frühstücksbuffet in der Aula vor dem Audimax der WU schmieren auch Nicht-Wähler Nutellasemmeln und nippen Kaffee. Essbare Gimmicks sind aber bei Weitem nicht die wichtigste Neuerung der ÖH-Wahl 2015. Das Studentenparlament wird heuer nach 12 Jahren "sowjetischem Wahlsystem", wie Armin Wolf es nennt, direkt gewählt. Nun machen Studierende ihre Kreuze wieder auf drei Stimmzetteln: je eines für Bundes-ÖH, Studienrichtungsvertretung und Hochschule.
Welche Bedeutung hat das für das Wahlergebnis? "Die große Unbekannte ist die Fachhochschule", so Karl-Arthur Arlamovsky, der viele Jahre Teil der ÖH-Wahlkommission war und jetzt bei den Neos aktiv ist. Da die Studierenden an den 21 Fachhochschulen (FHs) bei der letzten Direktwahl vor zwölf Jahren noch nicht dabei waren, kann man so gut wie gar nichts darüber sagen, wie sich die Direktwahl auf ihr Stimmverhalten auswirken wird. Theoretisch hätte ihre Stimme - immerhin stellen sie ein Fünftel aller Studierenden - viel Gewicht, doch die geringe Wahlbeteiligung am ersten Wahltag und die Erfahrungswerte anderer Hochschulen dämpfen die Euphorie. An den 17 Pädagogischen Hochschulen (PHs) und an den 12 Privatunis gingen bei der letzten Direktwahl 2003 gerade einmal zehn beziehungsweise 15 Prozent der Studierenden zur Wahl. Heuer gibt es anstatt 100 nur noch 55 Mandate. Die Hürde, um es ins Studentenparlament zu schaffen, liegt damit bei 1,8 Prozent. Für kleine Fraktionen wie der FPÖ-Tochter RFS oder den Kommunisten KSV und KSV-Lili, die in den vergangenen Jahren um die zwei Prozent der Stimmen bekamen, könnte es also knapp werden.
Gewinner und Verlierer
Zudem könnte die Halbierung der Mandate Fraktionen stärken beziehungsweise schwächen: Nicht nur der sozialistische VSStÖ, auch die VP-nahe AG, die grüne Gras und die jungen Alternativen Junos könnten vom neuen Wahlrecht profitieren, während die Fachschaftslisten FLÖ und die FEST, die frühere FH-Fraktion, mit Einbußen rechnen müssen. Die beiden Parteiunabhängigen waren bisher auf kleineren Unis sehr erfolgreich, da dort weniger Stimmen für ein Mandat nötig waren. FLÖ hatte an den Unis bisher 17,9 Prozent der Stimmen, hielt aber 22,7 Prozent der Mandate für die Bundesvertretung. "Diese Verzerrung wird durch das neue Wahlrecht beseitigt", so Arlamovsky. Selbst wenn die FLÖ denselben Zuspruch hat, wird sie Mandate verlieren. Bei der letzten ÖH-Wahl 2013 lag FLÖ mit 17,2 Prozent der Stimmen auf Platz Zwei, dicht gefolgt vom VSStÖ mit 17 Prozent der Stimmen, die AG ging mit 27 Prozent als Siegerin hervor. Wie es heuer aussieht, wird man Donnerstagabend wissen; das letzte Wahllokal schließt um 19 Uhr, Wahlergebnisse werden bis Mitternacht erwartet.
Direkt- und Briefwahl weckten im Vorfeld Hoffnungen auf höhere Wahlbeteiligung, die seit zwanzig Jahren bei rund einem Drittel liegt. Die erstmals mögliche Briefwahl stieß jedenfalls auf wenig Interesse. Bevor die dreitätigen Wahlen starteten, wurden gerade einmal 2918 Wahlkarten beantragt, das sind 0,9 Prozent der rund 325.000 Wahlberechtigten. Bei Landtags- oder Nationalratswahlen lag dieser Prozentsatz zuletzt zwischen fünf und 14 Prozent. Heuer gibt es mit 325.000 Studierenden so viele Stimmberechtigte wie noch nie.
Neu ist bei der ÖH-Wahl 2015 auch das passive Wahlrecht für Drittstaatsangehörige. Damit können heuer Nicht-EU-Bürger nicht nur ihre Stimme abgeben, sondern sich auch aktiv als Kandidaten aufstellen lasen - eine Forderung, die 50 Jahre lange verwehrt wurde, obwohl Drittstaatsangehörige wie alle Studierenden Beitragszahlungen leisten müssen.
Heuer stellten sich elf Fraktionen zur Wahl: Neu dabei waren die interkulturelle Studenteninitiative "Stulife", deren Spitzenkandidatin Azize Selikoglu bei der Elefantenrunde mit Aufforderungen zu kämpfen hatte, sich vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu distanzieren. Denn wie dessen AKP wird auch Stulifie finanziell durch die europäisch-türkischen Demokraten UETD unterstützt. Humoriger vielen die Kommentare von "der Liste" aus, der Ableger von "die Partei" ist ebenfalls ein Neustarter.
Sind ihr Chancen einzurechnen? Spaßparteien schaffen es etwa einmal im Jahrzehnt ins Studentenparlament: Etwa "No Ma’am" und "Die Rebellen vom Liang Shan Po" hatten Erfolg. An Letztere erinnerte sich auch Armin Wolf, der sich bei der Elefantenrunde als alter ÖH-Hase outete und Langzeitstudenten Mut zusprach: Der ORF-Star hat an der Uni 40 Semester zugebracht - das sind immerhin 20 ÖH-Wahlen.