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Kein Bruch mit der Merkel-Ära

Von Alexander Dworzak

Leitartikel
Alexander Dworzak ist Außenpolitik-Redakteur der "Wiener Zeitung".

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Von der Generalsekretärin zur Parteivorsitzenden: So war Angela Merkel im Jahr 2000 an die Spitze der CDU gekommen. 18 Jahre später tat es ihr Annegret Kramp-Karrenbauer gleich. Die 56-Jährige setzte sich beim Parteitag in Hamburg mit hauchdünner Mehrheit gegen Friedrich Merz durch. 517 Delegierte stimmten am Freitag für die Saarländerin, sie erhielt nur 35 Stimmen mehr als Merz.

Es ist nicht nur ein Sieg für Kramp-Karrenbauer, sondern auch für Merkel. Die CDU setzt den moderaten Rechtskurs – der bei Merkel teils zur Konturlosigkeit verkommen war – fort. Eine "Mini-Merkel" ist Kramp-Karrenbauer aber mitnichten. In der Migrationspolitik plädiert sie eine Abschiebung straffälliger Asylwerber auch nach Syrien, was sogar Innenminister Horst Seehofer zu weit geht. In gesellschaftspolitischen Fragen ist Kramp-Karrenbauer betont konservativ, etwa in ihrer Ablehnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare.

Kramp-Karrenbauers großes Plus: Sie hat bewiesen, dass sie Wahlen gewinnen kann. Bei der Landtagswahl im Saarland 2017 schaffte die CDU mehr als 40 Prozent, und zwar inmitten der SPD-Euphorie um den damaligen Parteichef Martin Schulz. Ab dann ging nichts mehr für die Sozialdemokraten. Solch einen Erfolg kann der frühere Fraktionschef Merz nicht vorweisen.

Merz vereint prononciert Konservative nicht

Dem 63-Jährige gelang es bei der Wahl um den Parteivorsitz auch nicht, die prononciert Konservativen zu vereinen. 157 Delegierte aus dem Lager stimmten im ersten Wahldurchgang für Gesundheitsminister Jens Spahn. Doch Merz erhielt in der Stichwahl gegen Kramp-Karrenbauer lediglich 90 Stimmen mehr als in der ersten Runde.

Die Chance auf einen Bruch mit der Merkel-Ära war also vorhanden, auch auf Regierungsebene. Ein Verbleib Merkels im Kanzleramt bis zum Ende der Legislaturperiode 2021 wäre unter einem Parteivorsitzenden Merz kaum vorstellbar gewesen, anders als beim Spitzenduo Kramp-Karrenbauer und Merkel.

Vor Kramp-Karrenbauer liegt die große Aufgabe, die Parteireihen zu schließen. Gradmesser sind drei Landtagswahlen in ostdeutschen Bundesländern 2019, in denen die AfD sehr stark ist. Aus dem Osten der Bundesrepublik hatte Merz in den vergangenen Wochen viel Zuspruch erfahren. Nun muss sich zeigen, ob das Motto dieses Parteitags,"Zusammenführen. Und zusammen führen", mehr als eine Worthülse ist.