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Griechenland-Pleite wäre kein Desaster für Österreich. Banken großteils aus dem Schneider.
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Wien/Athen. Artikel über Griechenland haben dieser Tage ein wenig mit Kaffeesudleserei gemeinsam. Und sie beginnen fast alle mit der Frage: "Was wäre, wenn?" Was wäre, wenn Griechenland tatsächlich pleitegeht? Wenn es doch nicht pleitegeht? Wenn es den Euro verlässt? Und welche Auswirkungen hätte das auf Österreich?
Kaum ein Finanzexperte traut sich derzeit eine seriöse Einschätzung darüber abzugeben, wie teuer Österreich und die EU eine Griechenlandpleite tatsächlich kommen würde. Die Rating-Agentur Standard & Poor’s beziffert die Kosten eines Grexit für den gesamten Euro-Raum im schlimmsten Fall mit 300 Milliarden Euro. Wie hart eine Griechenlandpleite Österreich treffen würde, kann derzeit auch niemand sagen. Es ist noch zu ungewiss, welche Wendungen der Griechenland-Poker in den kommenden Tagen und Wochen nimmt. Die "Kronen Zeitung" beziffert in ihrer Montagausgaben den Schaden für die österreichischen Steuerzahler mit acht Milliarden Euro, und zwar innerhalb der nächsten 20 Jahre.
Konsequenzen überschaubar
Einem Faktencheck hält diese Schätzung aber nicht stand. Österreich hat in Form von bilateralen Darlehen etwa 1,56 Milliarden Euro an Griechenland geliehen. Die Tilgung beginnt erst im Jahr 2020 und der Kredit muss bis 2055 zurückgezahlt werden. Zinsen erhält Österreich, wie auch andere Staaten, aber jetzt schon. Konkret sind seit 2010 Zinszahlungen in der Höhe von insgesamt 105 Millionen geflossen, immer pünktlich. Die nächste Tranche ist im September fällig.
Außerdem hat Österreich der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität, kurz EFSF, 4,3 Milliarden Euro an Haftungen für Griechenland zugesagt. Hinzu kommen noch 2,2 Milliarden Euro bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Dass diese Haftungen im Zuge einer Griechenland-Pleite aber tatsächlich schlagend werden, ist sehr unwahrscheinlich, erklärte Finanzminister Hans Jörg Schelling am Montag. "Unser Risiko ist durchaus ein eingeschränktes, aber ein unangenehmes", sagt Schelling.
Sowohl die 4,3 Milliarden Euro für den EFSF als auch die 2,2 Milliarden für die EZB gelten als gesichert. Der EFSF wurde 2010 als erster Euro-Rettungsschirm ins Leben gerufen. Mittlerweile wird er als Aktiengesellschaft geführt und kann sich, wegen seines Triple-A-Ratings, relativ günstig Geld über den Kapitalmarkt beschaffen. Ob und wie viel Geld im Falle eines Griechenland-Defaults also Österreich für seine Haftungen zahlen muss, ist derzeit mehr als ungewiss.
Was am Ende des Tages tatsächlich schlagend werden kann, sind diese 1,56 Milliarden Euro, die Österreich direkt an Griechenland geliehen hat. Schlittert das Land doch in eine Pleite, muss das Geld, zumindest kurzfristig, als uneinbringbar angesehen werden und den heimischen Schulden zugerechnet werden, nicht dem Budgetdefizit. Aber: "Die Erfahrung lehrt, dass es bei Staatspleiten in der Folge immer wieder zu teilweisen Rückzahlungen kommt. Ohne jetzt zu spekulieren, würde das gegebenenfalls bei Griechenland ähnlich sein", erklärt Christian Gutlederer, Sprecher der Nationalbank. Denn auch nach einem Grexit oder einer Pleite bleiben die Forderungen bestehen und die Gläubiger können sich mit Griechenland über einen Teil der Summe einigen.
Heimische Banken ungefährdet
Die österreichischen Geldinstitute sind übrigens vor einer Pleite in Griechenland sicher. Per Ende 2014 betrug das Exposure aller heimischen Banken dort 156 Millionen Euro; von Bankenanleihen bis Anlagen. "In den letzten Monaten und Jahren ist das Engagement dort sehr zurückgegangen", heißt es aus der Notenbank. 2011 lag es noch bei 1,8 Milliarden Euro. Auch für den sehr unwahrscheinlichen Fall, dass der griechische Staat, griechische Banken und Unternehmen keinen Cent davon bedienen können, würde das den heimischen Bankensektor nicht ins Wanken bringen.
Was den Banken bei einer Pleite zusetzen könnte, sind die Griechenland-Effekte auf die umliegenden Balkanstaaten. "Das wäre wirtschaftlich unangenehm und einige Staaten würden darunter leiden. Aber das bleibt alles in einem Ausmaß, das man nicht als Domino-Effekt bezeichnen kann", erklärt Stefan Bruckbauer von der Bank Austria. Und auch der Chefanalyst der Erste Group, Fritz Mostböck, rechnet mit "praktisch null" Auswirkungen, obwohl griechische Banken in Bulgarien und Rumänien aktiv sind. Die Aktienkurse hat das Schreckgespenst Griechenland-Pleite aber kurz abstürzen lassen.