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Kein Entkommen vor den Narren

Von Werner Grotte

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So manchem wird es spätestens heute Abend im TV reichen: Von ORF bis ARD, von WDR bis Bayern, überall steht der Abend schwer im Zeichen der Narren. Jo mei, solln’s halt a bissl feiern. Lei Lei, Fasching, Bälle und Gschnas gibt’s ja auch in Österreich. Ah ja? Wer die letzten Wochen deutsche Lokalsender streifte, stieß zwangsläufig auf für uns Ösis kaum nachvollziehbare Lustigkeitsorgien à la "Hessen lacht zur Fastnacht", "Herrliches, närrisches Thüringen", "Die beliebtesten Karnevalssitzungen der Nordrhein-Westfahlen", "Unsere größten Fastnachtshits" oder "Schwaben weißblau", um nur einige zu nennen. Und wie so oft kann der TV-Konsument nur vage erahnen, was wirklich hinter der scheinbar seichten Witzelei steckt. "Kölle Alaaf" & Co., das ist Ausnahmezustand für alle Generationen und Schichten südwestdeutscher Städte, Dörfer, Bezirke, Schulen. Jeder macht seinen Umzug, jeder näht seine Kostüme, kreiert sein Thema; fast jeder kommt sogar ins Fernsehen, weil sich ja sonst nichts abspielt, selbst die Kriminalität hat Pause. Denn Karneval ist keine Folkloredarbietung für Touristen, sondern tief verankertes Brauchtum, das im Rheinland bis in die Römerzeit reichen soll. Der Begriff "Karneval" wird von "carrus navalis" abgeleitet, einem mit "Jecken" beladenen Schiffskarren, der zu Winteraustrieb durch die Limes-Grenzstadt Colonia gezogen wurde. Was ist dagegen die eine Woche, die TV-Konsumenten noch aushalten müssen, bis die Narrerei mit Rosenmontag und Faschingdienstag endlich ihr Finale erreicht. Für heuer.