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"Kein Grund für Hau-Ruck-Aktionen"

Von Christian Rösner

Politik

Für den Wiener Gesundheitsstadtrat Hacker ist die Mindestsicherung noch nicht in Stein gemeißelt.


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Wien. In Wien zeigte man sich zu den Reformvorhaben der Bundesregierung in Sachen Mindestsicherung vorerst zurückhaltend.

Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) - erst seit vergangenem Donnerstag im Amt - meinte, dass es nicht sinnvoll sei, auf Überschriften zu reagieren. "Was wirklich gilt, ist das, was in Gesetzestexten gegossen ist", meinte er am Montag in einem Gespräch mit der "Wiener Zeitung." Er warte nun auf eine Einladung des Bundes, um über die Reformpunkte zu diskutieren.

Abgesehen davon sei in Wien erst vor kurzem das Mindestsicherungsgesetz geändert worden, wie er betonte. Daher sehe er auch momentan keinen Grund, darüber nachzudenken, was man jetzt schon wieder ändern könnte. Hacker: "Es gibt ein neues Gesetz für Wien und die Bundesregierung bewegt sich gerade in diesem Bereich." Nachsatz: "Wir haben auch gesagt, dass dieses Gesetz nach einer bestimmten Zeit evaluiert wird. Es gibt also überhaupt keinen Grund für Hau-Ruck-Aktionen."

"Das Gegenteil von Verwaltungsvereinfachung"

Auf die Frage, ob die Bundesregierung mit ihren präsentierten Reformpunkten denn nicht weit über das in Wien bereits verschärfte Gesetz hinaus geht, meinte Hacker kurz: "Schauen wir einmal. Es ist in der Verfassung verankert, dass es für den Bund die Möglichkeit gibt, eine Grundsatzgesetzgebung zu machen. Die Bundesregierung bemüht sich jetzt offensichtlich gerade darum. Und ich gehe davon aus, dass jetzt bald einmal ein Papier am Tisch liegt, dann werden wir uns das anschauen und es mit dem Bund besprechen."

Die Bundesregierung versuche zwar laut Hacker gerade einen "großen Wirbel" daraus zu machen, aber er könne die Aufregung nicht nachvollziehen, denn Gundsatzgesetzgebungen gebe es wie Sand am Meer. "Unterhaltsam ist die Tatsache, dass die Bundesregierung eine Verfassungsvereinfachung in solchen Fragen anstrebt und den Beweis damit antritt, indem sie genau das Gegenteil davon macht", so Hacker.

Klar und unmissverständlich sei für den neuen Gesundheitsstadtrat, "dass es im gesamten Bereich des Sozialwesens und daher auch im Bereich der Mindestsicherung dann Unterstützung gibt, wenn die Grundvoraussetzungen nachgewiesen sind".

"Michael Ludwig und ich haben gleiche Betrachtungsweise"

Dass Peter Hacker und dem neuen Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) eine Meinungsverschiedenheit in Sachen Mindestsicherung nachgesagt wird, ist für Hacker Übrigen unverständlich. "Das amüsiert uns gerade sehr", sagte Hacker.

"Alle waren so erstaunt darüber, dass Ludwig gesagt hat, am Ende trifft er die Entscheidungen - na, was für eine Überraschung, wer denn sonst? Und sollten wir streiten, dann wird natürlich er entscheiden, das ist doch ganz klar. Aber wir streiten ja nicht einmal - wir haben sogar die gleiche Betrachtungsweise."

Und wie lautet die? "Die lautet: Es darf in dieser Stadt niemand hungern, es darf niemand frieren, es darf in dieser Stadt niemand obdachlos sein. Denn die Grundidee, die uns völlig eint, ist: In einer Stadt wie Wien darf es keine Gruppen von Menschen geben, die nichts mehr zu verlieren haben. Erstens aus humanistischen sowie aus sozialpolitischen Gründen und zweitens aus dem Aspekt der Sicherheit. Denn wenn es in der Stadt Menschen gibt, die nichts mehr zu verlieren haben, dann hat das einen negativen Impact auf die gesamte Bevölkerung", so der neue Gesundheitsstadtrat.

Neue Mindestsicherung in Wien seit Februar in Kraft

Was das bestehende Mindestsicherungsgesetz in Wien betrifft, so hat die rot-grüne Stadtregierung nach dem Ende der bundesweiten Regelung monatelang um eine eigene Regelung gerungen. Diese ist seit 1. Februar dieses Jahres in Kraft.

Kernpunkt des Gesetzes: Anders als andere Bundesländer verzichtet Wien auf generelle Kürzungen oder Deckelungen bei der Mindestsicherung. Stattdessen gibt es teils strengere Voraussetzungen, um Menschen schneller in Arbeit zu bringen. So ist etwa die Bereitschaft, eine Beschäftigung oder ein Kursangebot anzunehmen, nun ein Kriterium. Auch wenn Eltern bereits Sozialhilfe beziehen, gibt es unter bestimmten Umständen weniger. Eine Wartefrist für Zuzügler wurde nicht eingeführt.

Ludwig steht einer solchen aber durchaus offen gegenüber, Hacker zeigte sich - noch in seiner Funktion als Geschäftsführer des Fonds Soziales Wien - skeptisch. Bei seiner ersten Landtagsitzung am vergangenen Freitag meinte er etwa, dass die Forderung nach einer Wartefrist "emotional verständlich" sei. Aber man müsse diskutieren, ob eine solche auch sinnvoll sei und die Sicherheit aufrechterhalte, oder ob sie mehr Armut und damit auch mehr Kriminalität produziere. Man werde das "intensiv diskutieren und dann entscheiden".