Koalitionsfestlegungen machen für kleine Parteien Sinn. | Demokratiepolitisch ein Fortschritt. | Im Wahlkampf 2002 - während in Deutschland die rot-grüne Koalition bereits massiv umstritten war und ihrem vermeintlichen Ende zuging - machte Alexander Van der Bellen einen entscheidenden Schritt: Der Grünen-Chef legte sich im Falle einer Regierungsbeteiligung auf eine Koalition mit der SPÖ fest.
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Einziges Problem war, dass der erklärte Lieblingspartner der Ökopartei die kalte Schulter zeigte: Alfred Gusenbauer war nicht bereit, den Wahlkampf im rot-grünen Duett zu absolvieren. Zu unpopulär schien ihm das deutsche Beispiel nach Österreich auszustrahlen. Die Distanz der SPÖ zum einstigen deutschen Vorbild ging in dieser Phase sogar so weit, dass man Kanzler Gerhard Schröder vom Sommerfest auslud. Nur, um nicht zu sehr in den Geruch von Rot-Grün zu kommen. Gusenbauer ließ die Grünen alleine im Regen stehen.
Der ÖVP war trotzdem ein wunderbares Wahlkampfthema geliefert. Sie schürte mit Lust und Wonne die Angst vor Rot-Grün. Sie warnte sogar davor, dass man dann Haschisch in den Trafiken würde kaufen können und prangerte die deutsche Wirtschaftsmisere an.
Noch einmal wollen sich die Grünen diesen Spießrutenlauf nun nicht antun. Diesmal lautet das Schlagwort "Äquidistanz". Obwohl doch einer deklarierten Koalitionsansage einiges abgewonnen werden könnte. Zumindest demokratiepolitisch wäre das ein Meilenstein in Österreich.
Wieder sei auf das Beispiel Deutschland verwiesen. Dort haben sich die Parteien im Wahlkampf 2005 festgelegt: FDP-Chef Guido Westerwelle und CDU/CSU haben sich auf eine Koalition verständigt, mit einem klaren politischen Zielkatalog. Auch Schröder und sein grüner Außenminister Joschka Fischer kämpften zwar separat, aber in der Ausrichtung gemeinsam: Ein drittes Mal wollten sie eine rot-grüne Bündnis schaffen. Auch die neu formierte Linkspartei ließ die Wähler nicht im Unklaren und schloss jede Regierungsbeteiligung von vornherein aus.
Das äußerst enge Wahlergebnis machte diesen Versprechungen allerdings einen Strich durch die Rechnung: Die allseits ungeliebte große Koalition bleib schließlich als einzige mögliche Regierungskonstellation übrig.
Man könnte nun fragen, was eine Koalitionsansage vor der Wahl eigentlich bringt, wenn sie dann ohnedies nicht eingehalten wird. Die Antwort ist einfach: Die Wähler wissen, wen sie mitwählen, wenn sie für eine bestimmte Partei stimmen. Immerhin gibt es nicht wenige Bürger, die sich vor der Wahlurne schließlich doch für die größere Partei entscheiden, weil sie meinen, mit einer Stimme für eine Kleinpartei ihr Votum zu verschenken. So gesehen macht eine Koalitionsfestlegung wahrscheinlich mehr Sinn für kleine Parteien. Große profitieren dagegen eher davon, wenn sie sich alle Optionen offen lassen.