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Die Menschen seien von Europa enttäuscht, heißt es oft. Der jüngste EU-Gipfel zeigte nun auch deutlich, woher die Enttäuschung rührt: Es ist nicht Europa, es sind die Nationalstaaten. Die 28 Regierungschefs, die sich beim Gipfel nicht aufs Spitzenpersonal in Brüssel einigen konnten, bewiesen eines: Als Europäischer Rat haben sie konstitutionell im EU-Gefüge eigentlich nichts verloren.
Sie sind 28 nationale Alpha-Tiere, mit nationalen Interessen. Ob Jean-Claude Juncker den August zur Zusammenstellung der Kommission nutzen kann oder nicht, war ihnen am Ende egal. Juncker benötigt den oder die EU-Außenbeauftragte(n), im Brüsseler Jargon "high Rep" genannt. Denn diese Position wird von den Staatschefs, nein: vom Rat, vergeben. Als Vizepräsident der Kommission besetzt er den Posten eines Landes. Wenn es die Bulgarin Georgieva wird, kann das Land keinen anderen Kommissar nominieren. Auch der Ratspräsident und der Vorsitzende der Euro-Gruppe sind neu zu vergeben, doch beide sind nicht Bestandteil der EU-Kommission. Trotzdem beharrte Deutschland auf eine "Paketlösung".
Nach dem "Fenster", deren Öffnung Jean-Claude Juncker an die Spitze der Kommission hievte, herrscht im Rat also jetzt wieder Uralt-Machtpolitik. Am 30. August werden sich die Regierungschefs wieder zusammensetzen, Zeit also für Urlaub. Dann müssen sie eine Lösung finden, sonst geht sich die neue EU-Kommission nicht mehr aus. Sie soll am 1. November im Amt sein, und muss vorher noch durch Hearings im Europäischen Parlament.
Und dieses Parlament will – entsprechend den Forderungen auch an die Unternehmen – eine Frauenquote von 40 Prozent haben, das wären neun Frauen in der Kommission. Auch das ist den Regierungschefs bisher relativ egal. Schwedens Regierungschef Reinfeld sagte vor dem Gipfel, man müsse die "Gender-Balance" beachten. Und doch wird mit Carl Bildt auch von dort ein Mann favorisiert. Die meisten bisher genannten Kandidaten sind Männer, auch der österreichische.
Auch dies zeigt, dass der Europäische Rat seiner Verantwortung Europa gegenüber nicht nachkommt. In der Bevölkerung wird nun wieder über die unsinnigen Machtpoker in Brüssel diskutiert werden, die EU wird weiter diskreditiert. Doch es sind die nationalen Regierungen, die schlechte Stimmung verbreiten – und Jean-Claude Juncker einen Fehlstart verursachten, den er sich nicht verdient hat.