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Kein Held der feinen Art

Von Hermann Schlösser

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Der Film "Der Staatsfeind" am Sonntagabend in 3sat rekonstruierte das Leben des Andreas Baader. Aus historischem Filmmaterial und Stellungnahmen von Zeitzeugen setzte sich dabei ein informatives Porträt zusammen.

Wer also war dieser Namensgeber der "Baader-Meinhof-Gruppe", die in den siebziger Jahren der Bundesrepublik Deutschland den terroristischen Krieg erklärt hatte? So vielfältig die Antworten ausfielen, so einig waren sich alle in einem Punkt: ein fehlgeleiteter Idealist wie Ulrike Meinhof oder Gudrun Ensslin ist Andreas Baader nicht gewesen. Vor seinem Avancement zum politischen Helden lebte er als kleinkrimineller Nichtstuer. 1963, als die meisten seiner späteren Mitkämpfer noch brave Jugendliche waren, hatte er schon eine Reihe von Vorstrafen. Später machte sein unbürgerlicher Lebensstil auf rebellierende Bürgerkinder wie etwa die Pfarrerstochter Gudrun Ensslin großen Eindruck. Den Kopfmenschen erschien der brutale, unbeherrschte Egozentriker Baader als Inkarnation des plebejischen Rebellen, und er missbrauchte diesen Nimbus, um Verehrer und Verehrerinnen auszubeuten und zu demütigen. Sie ließen es sich gefallen - manche folgten ihm bis ins Gefängnis und in den Tod.

Verteidigt oder gar verklärt wurde Andreas Baader in dieser Dokumentation also nicht. Ganz im Gegenteil, am Ende war man geneigt, jener Schauspielerin zuzustimmen, die in jungen Jahren in derselben WG wie Baader gelebt hatte. Sie fasste ihr Urteil über ihn in die Worte: "Einfach ein Arsch, ein Idiot, ein Angeber."