Justizministerium hat Pläne aufgegeben. Richter fürchten vermehrte Konzentration auf Justizanstalt Josefstadt.
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Wien. Kalt und und unüberschaubar prangt das Straflandesgericht Wien auf der Landesgerichtsstraße. Abgesehen vom Gericht, befinden sich darin die Staatsanwaltschaft Wien und das "Graue Haus": Also die Justizanstalt, in der die Häftlinge einsitzen. Erwachsene und jugendliche Straftäter zwischen 14 und 18 Jahren sind in getrennt Gebäudeteilen untergebracht.
Im östlichen Teil ist das Jugendgefängnis. Durch eine wuchtige grüne Türe gelangt man zu den Zellen. Dort sind derzeit 39 Jugendliche inhaftiert. Zehn davon sitzen in Strafhaft, 19 in Untersuchungshaft (vor einer gerichtlichen Verhandlung), der Rest wegen sonstiger Maßnahmen. Etwa aufgrund einer "vorläufigen Anhaltung" bei vermuteter Unzurechnungsfähigkeit.
Eigentlich hätten diese ein neues Gefängnis bekommen sollen. Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) hatte sich 2014 für ein eigenes Gebäude im Polizeianhaltezentrum am Hernalser Gürtel ausgesprochen. Doch daraus wird nun nichts: "Das ist seit Ewigkeiten kein Thema mehr. Vielmehr hat man sich überlegt, was die sinnvollste Lösung für Jugendliche in der Justizanstalt Josefstadt ist. Nämlich die Haftbedingungen zu verbessern, etwa nur mehr zwei Personen pro Haftzelle und in die Betreuung zu investieren", sagt Justizsprecherin Britta Tichy-Martin zur "Wiener Zeitung". So stünden nun auch am Wochenende Sozialpädagogen oder Psychiater zur Verfügung. Zudem sei der Jugendtrakt baulich so verändert worden, dass er gänzlich von jenem der Erwachsenen getrennt ist.
Die Jugendlichen in der Josefstadt sind wegen leichter Vergehen straffällig geworden: einfache Körperverletzung, Diebstahl. Für jene, die eine längere als sechsmonatige Strafe absitzen müssen, gibt es die Möglichkeit, nach Gerasdorf versetzt zu werden. Die dortige Justizanstalt ist speziell für Jugendliche eingerichtet. "Hierfür stehen zehn Plätze bereit. Es laufen Planungen, das Angebot in Gerasdorf auszuweiten. Also noch mehr Beschäftigungen anzubieten", sagt Tichy-Martin. Zurzeit kann man etwa eine Tischlehrlehre absolvieren. Durch die grüne Umgebung haben die Häftlinge vermehrt die Möglichkeit Sport zu treiben. Bis wann die Pläne realisiert werden sollen, verrät die Justizsprecherin nicht.
"Nicht die optimale Lösung"
Bis 2003 hatte Wien ein Jugendgefängnis in Erdberg. Justizminister Brandstetter hatte es 2014 mit den Plänen für eine neue Strafanstalt schwer: Sie wurden vom Innenministerium blockiert. Denn dafür hätte es einen Gebäudeteil des ins Auge gefassten Polizeianhaltezentrums abgeben müssen.
Dass sich die straffällig gewordenen Jugendlichen damit weiter auf die Justizanstalt Josefstadt konzentrieren, wird aus Richterkreisen nicht nur positiv bewertet: "Ich bedauere das sehr. Es ist nicht die optimale Lösung, Jugendliche in das größte österreichische Gefängnis in der Josefstadt zu stecken. Denn dort können sie mit hochgradig straffällig gewordenen Erwachsenen in Kontakt kommen", sagt Jugendrichter-Obfrau, Christa Edwards, zur "Wiener Zeitung". Das könne etwa bei Vorführungen zur Strafverhandlung geschehen. Ein eigenes Gebäude wäre von Vorteil.
Was den Strafvollzug für Jugendliche betrifft, vertritt die Richterin am Oberlandesgericht Wien eine klare Linie. Die Untersuchungshaft sollte die Ausnahme bilden. Nur bei jenen, bei denen es nicht vermeidbar wäre, sollte sie angeordnet werden. Etwa bei Raubüberfällen (Strafdrohung bis fünf Jahre). "Die persönlichen Konsequenzen müssen in solchen Fällen spürbar sein. Aber gleichzeitig müssen wir Alternativen in der Strafhaft bieten: vermehrte Begleitmaßnahmen wie entsprechendes Personal oder Freizeitmöglichkeiten", so Edwards.
Zwei Maßnahmen zur Vermeidung einer Untersuchungshaft wurden Anfang vergangenen Jahres gesetzlich implementiert: Die Sozialnetzkonferenzen und die betreuten Wohngruppen. Sie sind Teil der von Minister Brandstetter umgesetzten Reform des Jugendgerichtsgesetzes. Die Sozialnetzkonferenz zielt darauf ab, Jugendliche mit einem verankerten sozialen Netz während der U-Haft auf freiem Fuß zu lassen. Schulbesuch, Wohnort, Freizeit werden mit dem Richter abgestimmt.
Laut Richterin Edwards und dem Justizministerium werden diese gut genutzt, Zahlen gibt es für 2016 keine. In Wien wohnt derzeit kein Jugendlicher in einer Wohngruppe.
Klaus Priechenfried, Leiter der Bewährungshilfe "Neustart" in Wien, hält den Strafvollzug generell für gefährlich: "Wenn ich Jugendliche in ‚Boot Camps‘ stecke, besteht die Gefahr, dass sich die kriminelle Energie festigt. Insassen erleben dort viel Gewalt." Es sei besser, Instrumente wie die Sozialnetzkonferenz oder gerichtliche Auflagen bei einer Verurteilung zu nutzen. Also etwa eine Betreuung durch den Bewährungshelfer sowie eine geregelte Ausbildung.