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Kein Konsens im Nationalrat

Von Martyna Czarnowska

Politik

Zwar hatten Personalfragen - rund um Ewald Stadler und Reinhart Gaugg - die gestrigen Debatten im Parlament überschattet, doch die Themen der Nationalratssitzung waren nicht minder umstritten. Forciert von ÖVP und FPÖ passierten das so genannte Fremdenpaket sowie ein generelles Vermummungsverbot den Nationalrat.


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Österreich sei kein Einwanderungsland, meinen die einen. Österreich sei sehr wohl ein Einwanderungsland, und müsse es auch bleiben, entgegnen die anderen. Entlang bekannter Argumentationslinien zogen sich gestern die Wortmeldungen zum Fremdenpaket: Während die Regierungsparteien betonten, dass Zuwanderung den Bedürfnissen der Wirtschaft entsprechend restriktiv geregelt werden sollte, verwies die Opposition darauf, dass Immigration dazu beitrage, Wohlstand und soziale Standards in Österreich aufrechtzuerhalten.

Kritik an der Saisonnierregelung kam von ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch, der vor einer "Deregulierung des Arbeitsmarktes" warnte. Die zeitliche und branchenbezogene Ausweitung der Saisonnierregelung deute in Richtung eines "Austauschverfahrens": Wer sich über schlechte Arbeitsbedingungen beschwere, müsse gehen, monierte Verzetnitsch.

Die Koalition wiederum wollte eher die Integrationsvereinbarung thematisiert wissen. "Wir stehen zu den verpflichtenden Deutschkursen und der Sanktionsleiter", meinte FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler. Denn nach drei Jahren (danach droht bei Nichterfüllung des Integrationsvertrags die Ausweisung) dürfe die Frage erlaubt sein, was ein Mensch in diesem Land wolle, wenn er sich nicht integrieren möchte.

Ähnlich argumentierte ÖVP-Klubobmann Andreas Khol - und verwies auf die Schulpflicht: Jedes Kind müsse in die Schule gehen; ein verpflichtender Deutschkurs sei also keine Zumutung. Grundkenntnisse der deutschen Sprache seien "nicht mehr als wir von unseren Kindern verlangen", sekundierte Innenminister Ernst Strasser. Er strich weiters die künftige Verfahrensvereinfachung sowie die Bestrebungen zur Harmonisierung von Aufenthalt und Arbeit hervor. "Wir haben ein Interesse an geregelter Zuwanderung, wenn es der Arbeitsmarkt und die gesellschaftliche Realität vertragen", fasste Strasser zusammen.

Für die Grünen ist eine Harmonisierung von Aufenthalt und Arbeit nicht in Sicht. Damit werde eine der wichtigsten Integrationsmaßnahmen vollkommen vernachlässigt, betonte Migrationssprecherin Terezija Stoisits. "Wer legal hier lebt, darf legal hier arbeiten" gelte für Österreich nicht.

Die Bestimmungen über Schlüsselarbeitskräfte stellte SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Andrea Kuntzl in den Mittelpunkt ihrer Kritik. Die neue Regelung sieht vor, dass ZuwandererInnen künftig neben besonderen Qualifikationen ein Mindestgehalt in Höhe von 60 Prozent der Höchtsbeitragsgrundlage - knapp 2.000 Euro - aufweisen müssen. Doch was ist mit dem dringend benötigten Pflegepersonal, das diese Einkommensgrenze kaum überschreite, fragte Kuntzl. Durch Überstunden kämen Krankenschwestern sehr wohl über die Grenze, hielt dem Wirtschaftsminister Martin Bartenstein entgegen. Überdies gebe es für Heimpflege-Hilfen aus den Nachbarländern eine Sonderregelung.

Verbot der Vermummung

Keine Zustimmung seitens der Opposition erhielt ebenso ein generelles Vermummungsverbot, das mit den Stimmen der Koalitionsparteien beschlossen wurde. Mit der Novelle zum Versammlungsgesetz werden Vermummung und das "Mitführen von gefährlichen und zur Vermummung bestimmten Gegenständen" bei politischen Kundgebungen verboten. Als Sanktion drohen Verwaltungs- bis hin zu Freiheitsstrafen.

Drogentests im Verkehr

Einig waren sich ÖVP, FPÖ und SPÖ allerdings beim Thema verpflichtende Drogentests im Straßenverkehr. Die Novelle - von den drei Parteien ebenso angenommen wie die Mehrphasenausbildung für den Führerschein - sieht vor, dass LenkerInnen ab kommendem Jahr ÄrztInnen zur Blutabnahme vorgeführt werden können. Um über den Antrag abzustimmen, unterbrachen die Grünen ihren Sitzungsboykott und entsandten den Abgeordneten Dieter Brosz in den Plenarsaal. Mit seiner Nein-Stimme blieb er allein.