In Wien suchen schwächelnde Dienstleistungsfirmen Hilfe. | Wien. Die Kreditkrise hat es Unternehmen, die ohnehin schwächer aufgestellt sind, deutlich erschwert, an Kredite zu gelangen. Dies geht aus einer ersten Zwischenbilanz der von der Wirtschaftskammer Wien (WKW) Mitte November gegründeten Ombudsstelle für abgelehnte Kredite hervor. Freilich wird die Stelle in sämtlichen Bankangelegenheiten kontaktiert. Rund 20 Prozent der bis dato 400 Anrufe bezogen sich tatsächlich auf gescheiterte Kreditansuchen. Hauptgründe für die negative Beurteilung durch die Bank sind laut WKW neben unvollständigen Unterlagen mangelnde Sicherheiten und ungünstige Geschäftsprognosen. | Konsumenten stürmen Beratungen | Banken stehen unter Beobachtung
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Besonders betroffen sind kleine Dienstleistungsbetriebe, die seit längerem wirtschaftlich schwächeln und nun knapp vor dem Aus stehen. Meist handle es sich bei dem Finanzierungswunsch um einige Tausend Euro Überbrückungshilfe.
Neben Beratungsgesprächen bietet die Ombudsstelle der WKW auch Kontakte zu Vertrauenspersonen bei großen Banken und eigene Kreditaktionen an. Letztere seien besonders bei Gastronomiebetrieben gefragt, für die derartige Mikrokredite von bis zu 7000 Euro eine echte Hilfe darstellen würden.
Dass Banken ihre Kunden derzeit besonders genau unter die Lupe nehmen, beweisen 25 Prozent der Anrufe bei der WKW: Diese haben sich auf die unerwartete Einführung einer Bonitätsprüfungsgebühr bezogen (die "Wiener Zeitung" berichtete). Hier hätten viele Fälle im Einvernehmen mit den Bankinstituten geklärt werden können. Die Gebühr sei refundiert worden.
Oft erhalten Firmen derzeit nicht nur zu wenig Kredit für ihren Geschmack, laut WKW sind Finanzierungen auch teurer geworden. Das treffe auch größere Unternehmen. In manchen Fällen unterblieben deshalb Investitionen. "Das Hindurchtauchen durch die Zeit der abgeschwächten Konjunktur wird für viele Betriebe zur Nagelprobe werden", meint WKW-Präsidentin Brigitte Jank. Der Zugriff auf kurzfristige Finanzierungen sei für Wiens Betriebe wichtig, um das Ende der Durststrecke unversehrt zu erreichen.
Wo klemmt es wirklich?
Dass es in Österreich tatsächlich eine Kreditverknappung gibt, wird von Vertretern der Bankenbranche heftig bestritten und mit Hilfe von Statistiken, die Steigerungsraten aufweisen, als Märchen abgetan. Oft werden hier jedoch Zahlen für die ersten drei Quartale 2008 vorgelegt, die die für den Kreditmarkt schwerwiegenden Folgen des Zusammenbruchs der US-Investmentbank Lehman Brothers Mitte September nicht ausreichend berücksichtigen.
Laut Oesterreichischer Nationalbank (OeNB) ist im zweiten Halbjahr - besonders im Oktober - wechselkursbereinigt nämlich ein deutlicher Rückgang bei Unternehmenskrediten zu beobachten.
Das wahre Problem scheint tiefer zu liegen: Selbst wenn die Banken um einige Prozent mehr Kredite vergeben würden (und könnten) als vor der Krise, dürfte das kaum ausreichen, um den weitgehenden Stillstand an Kapitalmarktfinanzierungen - etwa über Anleihen oder Börsegänge - ausgleichen zu können.
Die schlechte Lage an den Börsen trifft laut OeNB vor allem Großunternehmen. Insgesamt scheint es jedoch durchaus angebracht, nicht nur von einer Kredit-, sondern vor allem von einer Finanzierungsklemme zu sprechen.