Ein Jahr "Paktpartnerschaft in Graz" - Verbleib von Bürgermeister Nagl offen.
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Graz. "Graz soll eine der modernsten, wenn nicht die modernste Stadt Europas werden." So wünscht es sich der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl von der ÖVP, wie er am Mittwoch, beflankt von seiner Stellvertreterin Martina Schröck (SPÖ) und Stadtrat Mario Eustaccio (FPÖ,) im Grazer Rathaus wissen ließ. Dabei wurde über ein Jahr schwarz-rot-blaue "Paktpartnerschaft" bilanziert - wenig überraschend fiel das Resultat ausschließlich positiv aus. Nach der Gemeinderatswahl im November 2012 verzichtete der Wahlsieger ÖVP mit Nagl auf die Bildung einer Koalition und formierte sich mit SPÖ und FPÖ zu einem Trio mit "einer neuen politischen Kultur".
1140 Beschlüsse wurden seither gefasst, zwei Drittel davon waren einstimmig, das restliche Drittel erhielt seine Mehrheiten durch unterschiedliche Partei-Kompositionen. "Wir sind keine Konstellation, die überall kuscheln muss", sagt Eustaccio. Vielmehr gehe es bei der Kooperation um eine "Kultur des praktischen Realitätssinns".
Geringe Investitionen
Schröck sagt: "Was uns drei eint, ist dass wir alle das Beste für die Stadt wollen." Die SPÖ-Politikerin nahm nach einem Koalitions-Nein der nach der Wahl zweitplatzierten Elke Kahr (KPÖ) den Sitz der Bürgermeisterstellvertreterin ein. Zusammen sei es gelungen, Eckwerte der über eine Milliarde Euro verschuldeten Stadt Graz stabil zu halten und in den kommenden beiden Jahren eine Summe von 250 Millionen Euro zu investieren. Kritik kommt dazu von den Grazer Grünen: Damit könne nicht einmal das Pflichtprogramm der Stadt bewältigt werden. "Händeschütteln, sich selbst beweihräuchern und in Kameras lächeln, das ist zu wenig für eine dynamische Stadt wie Graz", kritisiert die Grüne Stadträtin Lisa Rücker. Die Grazer KPÖ will sich trotz Kürzungen in allen Bereiche weiterhin "im Rahmen all unserer Möglichkeiten für die Interessen der Bevölkerung einsetzen", sagt KPÖ-Stadträtin Elke Kahr.
Einer raschen Aufzählung von Fortschritten und erfolgreichen Projekten in den eigenen Ressorts, darunter Reinighausgründe, eine neue Bildungsabteilung und neue Kindergärten, folgte von Nagl sofort der Hinweis, dass auch positive Projekte in den Ressorts der anderen Parteien, wie Wohnen (KPÖ) oder Umwelt (Grüne) nur umgesetzt werden können, "weil wir auch die Mittel dafür zur Verfügung stellen". Damit will man sich deren Erfolg zwar nicht auf die eigenen Fahnen heften, aber dies dennoch erwähnt haben, wie Nagl klarstellte.
Wenig Klarheit gab es hingegen über Nagls weiteren Verbleib in der Stadtregierung. Der 50-Jährige wird als möglicher Nachfolger von ÖVP-Landesparteiobmann Hermann Schützenhöfer gehandelt. Auf die Frage, ob eine weitere Partnerschaft auch bei einem etwaigen Wechsel des Bürgermeisters in die Landespolitik Bestand habe, hielten sich Schröck und Eustaccio bedeckt: Dann müsse man neu darüber nachdenken, weil sich die Partnerschaft ja zum einen auf dem Budgetziel, zum anderen aber auch auf persönliches Vertrauen gründe.