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Kein leichtes Pflaster für schmutzige Wahlkämpfer

Von AnalyseWalter Hämmerle

Politik

Politologe Peter Filzmaier im "WZ"-Gespräch. | Österreich für konsequentes Negative campaigning zu klein und übersichtlich. | Wien. Österreichs Politik als üble Schlammschlacht: Diesen Eindruck müsste man unweigerlich bekommen, würde man den Vorwürfen, die sich die Parteien mittlerweile fast täglich wechselseitig um die Ohren schlagen, auch tatsächlich Glauben schenken. ÖVP, SPÖ, Grüne und BZÖ bezichtigen einander, das politische Klima im Land zu vergiften und einen schmutzigen Stil in der Auseinandersetzung zu pflegen. Kurz gesagt, der Vorwurf des Dirty campaigning ist in aller Parteien-Munde.


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Für Abwechslung in diesem etwas monotonen Schlagabtausch sorgt nur die FPÖ. Ausgerechnet jene Partei, der bis dahin stets die Nivellierung des politischen Niveaus nach unten vorgeworfen wurde, präsentiert sich dieser Tage als Hüterin der Etikette - und fordert am lautesten von allen Parteien ein Fairness-Abkommen ein. Begründung: Es werde langsam unerträglich, wie tief das Niveau der politischen Auseinandersetzung im Vorfeld der Nationalratswahl absinke, wie Generalsekretär Harald Vilimsky am Mittwoch formulierte.

Für Peter Filzmaier von der Donau-Universität Krems dienen die untergriffigen Vorwürfe in erster Linie dazu, sich Aufmerksamkeit in einer für die Politik schwierigen Zeit zu verschaffen: "Derzeit stehen Olympia, Doping und die Vogelgrippe bei den Menschen ganz oben."

Die Kassandra-Warnungen vor einem Verfall der politischen Moral hält er zudem für übertrieben. In Österreich habe sich noch keine Partei dazu entschlossen, eine Negativ-Kampagne, sei es gegen eine Person oder eine Partei, gezielt und konsequent bis zum Schluss durchzuziehen. Höchstens einzelne Ansätze habe es dazu bislang gegeben, etwa die Kampagne gegen Finanzminister Karl-Heinz Grasser, "aber auch der ist schließlich wieder ausgelassen worden", so Filzmaier.

Den Grund dafür sieht der Politologe weniger in der höheren Anständigkeit der österreichischen Parteien als vielmehr in den besonderen Rahmenbedingungen begründet. Jenseits des Atlantiks werden Negativ-Kampagnen in erster Linie von außenstehenden Personen bzw. Organisationen getragen, die nicht automatisch mit der gegnerischen Partei identifiziert werden. Zwar greifen mittlerweile auch die heimischen Parteien auf diesen Ansatz zurück - etwa in Form diverser Unterstützungskomitees -, doch sind die Möglichkeiten dafür deutlich begrenzt: Hierzulande weiß jeder sofort, wer zu welcher Partei gehört beziehungsweise zu ihr ein Naheverhältnis hat.

Filzmaier nennt aber noch einen Grund, der die erfolgreiche Übertragung des Negative campaigning-Konzepts nach Österreich erschwert: Aufgrund der enormen Zersplitterung der Informations- und Kommunikationskanäle in den USA sind Anwürfe gegen den politischen Gegner nicht automatisch breitenwirksam.

Die Gefahr, dass die Botschaft den Absender selbst in ein schiefes Licht rückt, ist damit um ein Vielfaches geringer. In Österreich würde eine solche Rückkoppelung der Botschaft aufgrund der überragenden Bedeutung des ORF und einiger weniger weiterer Medien viel unmittelbarer erfolgen. Wohl auch deshalb scheuen die Parteien davor zurück, das Instrumentarium des Negative campaigning voll auszuschöpfen.