Zum Hauptinhalt springen

"Kein Neustart für Weißrussland"

Von WZ Online

Europaarchiv

Proteste gegen Wahl gewaltsam aufgelöst. | Lukaschenko-Rivale zusammengeschlagen. | Kritik von OSZE-Wahlbeobachtern. | Minsk. In Weißrussland hat der seit 1994 die frühere Sowjetrepublik mit harter Hand regierende Präsident Alexander Lukaschenko nach offiziellen Angaben bei der Wahl am Sonntag 79,7 Prozent der Stimmen erhalten. Die Wahlbeteiligung lag demnach bei 90,66 Prozent.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Schon vor der Wahl galt als sicher, dass der 56-jährige Lukaschenko zu einer vierten Amtszeit kommt. Keinem der neun Gegenkandidaten waren reelle Chancen eingeräumt worden.

Kritik von Wahlbeobachtern

Die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die erstmals zugelassen wruden, haben die Präsidentschaftswahl kritisiert. "Diese Wahl hat Weißrussland nicht den Neustart ermöglicht, den es benötigt", erklärte der Chef der OSZE-Wahlbeobachter, Tony Lloyd, am Montag. Im Auszählungsprozess habe es an Transparenz gemangelt. "Das Volk verdient Besseres", so Lloyd. Er verurteilte zudem das harte Vorgehen gegen oppositionelle Präsidentschaftskandidaten, Journalisten und Menschenrechtsaktivisten.

40 Prozent der Wähler haben ihre Stimmen vorzeitig abgegeben, deren Auszählung sich den Blicken der Beobachter entzog. Die OSZE hat bisher keine Wahl in Weißrussland als frei und fair eingestuft.

Mit Schlagstöcken gegen Demonstranten

Die Polizei hatte am Sonntagabend die Demonstranten in Minsk zunächst zwei Stunden gewähren lassen, schritt dann aber mit Schlagstöcken ein. Einige Demonstranten warfen daraufhin Steine und Schneebälle auf die Polizisten. Augenzeugen beobachteten, wie Regierungsgegner in Polizeifahrzeuge gebracht wurden. Oppositionsführer Andrej Sannikow wurde Anhängern zufolge festgenommen. Auch drei andere Präsidentschaftskandidaten sollen festgenommen worden sein. Zuvor hatten mehrere Oppositionelle bei einem Demonstrationszug Augenzeugen zufolge die Glastüren eines Regierungsgebäudes eingeschlagen, wurden von anderen Protestierenden aber gezügelt.

Lukaschenko-Rivale zusammengeschlagen

Der Lukaschenko-Rivale Wladimir Nekljajew wurde nach Angaben von Anhängern bei einem Polizei-Einsatz zusammengeschlagen und bewusstlos ins Krankenhaus gebracht. Die Polizei hatten nach Angaben von Augenzeugen eine Versammlung seiner Partei aufgelöst und dabei Blendgranaten eingesetzt und in die Luft geschossen. Bei dem Einschreiten wurden Fotografen und Kameraleute von Sicherheitskräften zu Boden gebracht, damit sie den Vorfall nicht filmen konnten.

Das weißrussische Innenministerium erklärte indes, unbewaffnete Polizisten seien auf eine wütende Menge gestoßen. "Die Menge bewegte sich mit dem Ergebnis auf die Sicherheitskräfte zu, dass einige Polizisten verletzt und ins Krankenhaus gebracht werden mussten." Die staatlichen Sicherheitskräfte hatten vor der Wahl erklärt, sie würden jegliche Versuche zur Aufstachelung unterbinden.