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Der Oscar war am Montag das Leitmotiv im Programm der diversen TV-Stationen. Es liegt lange zurück, dass der ORF die Gala der amerikanischen Filmindustrie live übertragen hat. Mittlerweile begnügt
man sich mit einer Kurzzusammenfassung am späten Abend danach. Live mit ordentlicher Vorberichterstattung war dafür Pro7 am Geschehen. Die Oscar-Verleihung hat weiterhin den Charme der Perfektion,
der kongenial inszenierten Auftritte und Emotionen. Politische Botschaften haben da nur am Rande Platz.
Dass mit Billy Crystal ein Komödiant mit Sitcom-Humor durch die Gala führt, der souverän mit jeglichen Unberechenbarkeiten des Show-Lebens zurechtkommt, zeugt von großer Voraussicht. Als etwa Pedro
Almodovar einen äußerst witzigen Dankes-Monolog zum Besten gab und nur mit Mühe von der Bühne gebracht werden konnte, nützte dies Crystal zum ironischen Kommentar: "Almodovar lässt Benigni wie einen
Englischlehrer klingen."
Benigni amüsierte sich königlich darüber, die Seher der Live-Übertragung ebenfalls, nur jene des ORF nicht. Diese Szene wurde einfach herausgeschnitten. Wäre die Zusammenfassung zumindest mit einer
Nachbetrachtung gekoppelt, könnte man auf solche witzigen Momente vielleicht verzichten. Doch die ORF-Version der Oscar-Gala wird nur in übersetzter und komprimierter Form abgespult, von
filmkritischen Diskursen über die Oscar-Vergabe ist im ORF weiterhin keine Rede. Schade um die vergebene Chance.