Tourismusforscher Zellmann: Vor und nach dem Urlaub Übergang einplanen.
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Wien. Am letzten Arbeitstag vor dem Urlaub noch alles erledigen, was sich in den Tagen zuvor nicht mehr ausgegangen ist, abgehetzt Koffer packen und am nächsten Tag frühmorgens ab zum Flughafen: So sieht kein idealer Start in den Urlaub aus, im Gegenteil: "Das ist die schlimmste Sünde, was den Erholungswert angeht", sagt Peter Zellmann vom Institut für Tourismus- und Freizeitforschung. Er empfiehlt, vor und nach dem Urlaub eine Übergangszeit einzuplanen. Es hilft also schon, nicht gleich am ersten Tag des Urlaubs zu verreisen, sondern in Ruhe Koffer zu packen und sich auf die freien Tage einzustimmen.
Männer können weniger gut abschalten als Frauen
"Es gibt kein Patentrezept für Erholung", sagt Freizeitforscher Zellmann. Denn während es den einen beruhige, für Kollegen und Kunden erreichbar zu sein, mache den anderen diese Abhängigkeit vom Beruf fertig. "Man muss selbst herausfinden, was einem gut tut", rät Zellmann.
Knapp ein Drittel der österreichischen Berufstätigen arbeitet im Urlaub ein bis drei Stunden am Tag, wie eine Umfrage des Marktforschungsinstitut Mindmetre im Auftrag von Regus ergeben hat. Sieben Prozent wenden an freien Tagen sogar mehr als drei Stunden täglich für den Beruf auf. 14 Prozent sind im Urlaub fast genauso viel im Einsatz wie sonst.
Männer schalten seltener bewusst ab als Frauen: 42 Prozent der weltweit befragten berufstätigen Männer nehmen im Urlaub nahezu im gewohnten Umfang beispielsweise Anrufe entgegen oder beantworten E-Mails, unter den Frauen sind es nur 34 Prozent. Weniger als sonst, aber mehr als drei Stunden pro Urlaubstag im Einsatz sind 18 Prozent der Männer und 16 Prozent der Frauen. 44 Prozent der Männer und gut ein Drittel der Frauen arbeiten ein bis drei Stunden täglich.
Erholungswert hängt nicht von Urlaubsdauer ab
Welche Aktivitäten im Urlaub die größte Erholung bieten, ist ebenfalls individuell unterschiedlich. "Man sollte sich überlegen: Was tut mir heuer gut? Unter Umständen kann man zuhause sogar besser abschalten und entspannter sein als bei einer Auslandsreise", sagt Zellmann. Die Urlauber werden immer unberechenbarer: Wer im Vorjahr einen Familienurlaub verbracht hat, entscheidet sich heuer für Aktivurlaub und macht nächstes Jahr vielleicht Urlaub auf Balkonien.
Zum Abschalten ist nicht unbedingt eine dreiwöchige Auslandsreise nötig: Über den Erholungswert der Auszeit entscheidet nicht die Dauer, sondern die Häufigkeit. Forscher haben sowohl beim Kurzurlaub als auch beim dreiwöchigen Wanderurlaub vergleichbare Steigerungen von Gesundheit und Wohlbefinden festgestellt. "Genauso wie Schlaf kann man Erholung nicht aufsparen. Ein langer Sommerurlaub reicht nicht aus, um ein ganzes Jahr an harter Arbeit und Überstunden zu kompensieren", sagt Jessica de Bloom, Arbeits- und Organisationspsychologin an der Universität Tampere in Finnland.
Entscheidend ist auch, die freie Zeit nach dem eigenen Geschmack gestalten zu können. Aktivitäten beeinflussen auch das subjektive Empfinden der Urlaubsdauer. Für Aktive vergeht die Zeit wie im Flug. Rückblickend wirkt der Urlaub allerdings länger als für diejenigen, die eine Woche am Strand gelegen sind.