Es war die größte Herausforderung. Das Polnische Jahr 2002 zählt Jacek St. Buras, scheidender Direktor des Polnischen Instituts in Wien, zu den wichtigsten Ereignissen in der Geschichte der Einrichtung. Heuer begeht diese ihr 30-jähriges Bestandsjubiläum. Einiges hat sich in dieser Zeit verändert, konstatiert Buras im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Raus aus dem Gebäude, dachte sich Jacek St. Buras, als er im November 1997 die Leitung des Polnischen Instituts in Wien übernahm. Nicht dass das Haus am Gestade so unansehnlich wäre. Doch es galt, neue Wege zu gehen, das Institut zu öffnen.
"Damals hat sich alles in dem Haus abgespielt. Unten war eine Galerie, ein paar Ausstellungen wurden organisiert, ein Polnischkurs war angeboten. Polnische Künstler kamen zu Lesungen. Es hatte die Aura eines polnischen Klubs, in dem Österreicher verloren wirkten", erzählt Buras. Doch das Modell der Selbstpräsentation genügte nicht mehr, meinte Buras. Er löste die Galerie auf - "lieber gehe ich Kooperationen mit österreichischen Galerien ein" -, knüpfte Kontakte mit anderen Institutionen. Lesungen werden nun in der Hauptbücherei am Gürtel veranstaltet, Konzerte im Musikverein oder in einem Jazzlokal. Und das ziehe auch anderes Publikum an.
Gern kommt Buras dabei auf das Polnische Jahr zu sprechen. Mehr als 400.000 Menschen haben damals die rund 120 Veranstaltungen besucht, etliche Einrichtungen arbeiten nun auch ohne Vermittlung des Polnischen Instituts zusammen. Ziel war nicht nur die Präsentation Polens als Kulturraum sondern auch der Abbau von Vorurteilen im Vorfeld des Beitritts zur Europäischen Union.
EU-Mitglied ist Polen nun. Doch ob es gelungen ist, Stereotype und Ängste aufzulösen? All dies braucht Zeit, weiß Buras. Doch was "die Elite", die Meinungsbildner anbelange, habe sich vieles gebessert. Ein Massenpublikum anzusprechen sei allerdings nicht gelungen.
Das ist auch dem Polnischen Institut, das ebenso als "multimediales Polen-Informationszentrum" fungieren will, so gut wie unmöglich - nicht zuletzt wegen der finanziellen Möglichkeiten. An die 280.000 Schilling sind vor sechs Jahren zur Verfügung gestanden, bis heuer wurde das Budget lediglich verdoppelt. Doch nicht das ist der Grund, warum Buras Ende Juni Wien verlässt. Es sei wieder Zeit für etwas anderes, sagt der 59-Jährige. In Polen möchte er — wie zuvor — als Übersetzer deutschsprachiger Literatur arbeiten. So gilt es, "Faust II" zu übertragen.
Die Nachfolge des Direktors ist übrigens noch nicht geregelt. Zunächst wird Stellvertreter Cezary Kruk die Leitung des Instituts übernehmen. Doch eine Ausschreibung der Stelle muss folgen. Eine ist bereits für ungültig erklärt worden: Unklar waren die Kriterien, die nun ebenfalls EU-Standards entsprechen müssen.